Seite:Zeumer Die Goldene Bulle.pdf/199

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewesen wäre, als vor sieben Jahren das Gesetz erlassen worden war.[1]

Die feierliche Verkündigung der ganzen Goldenen Bulle am Weihnachtstage 1356 zu Metz, welche das Gesetzgebungswerk zum Abschluß brachte, und die im Urteile der Nachwelt als das Ereignis galt, welches dem Metzer Reichstage seine eigentliche Bedeutung verlieh, wurde, wie wir schon in der Einleitung hervorhoben, von den Zeitgenossen kaum beachtet, jedenfalls weit weniger als die übrigen feierlichen Handlungen jenes festlichen Tages. Ihnen stand im Mittelpunkt des Interesses das große öffentliche Prunkmahl, welches der Kaiser unter freiem Himmel auf dem Champ-à-Seille abhielt[2], an dem außer den Ständen des Reichs auch die Kaiserin, der Kardinallegat, sowie die beiden Söhne des Königs von Frankreich teilnahmen, und bei welchem die weltlichen Kurfürsten nach altem, durch die Goldene Bulle von neuem normiertem Brauche hoch zu Roß die Erzämter verrichteten, in ihrer Mitte Herzog Wenzel von Brabant, des Kaisers Bruder, durch den dieser sich als König von Böhmen in der Ausübung des Schenkenamtes vertreten ließ.[3] Ob die Publikation des Gesetzes vor oder nach dem Festmahle stattfand, wissen wir nicht; jedenfalls aber schlossen sich an dasselbe eine Anzahl feierlicher Belehnungen von Reichsfürsten an, so die des Herzogs von Sachsen, des Herzogs Wenzel von Brabant und des Herzogs Karl von der Normandie als Delphin von Vienne.


  1. Nicht ernst zu nehmen ist die von Oskar Hahn S. 45 ausgesprochene Vermutung, daß ein Italiener an der Abfassung der Goldenen Bulle beteiligt war. Wunderlicherweise gründet er diese Annahme auf das Vorkommen folgender Ausdrücke im Text: originarie; qui in partibus Alamanie pfalburgerii consueverunt appellari; statera; bassior; acervus avenae; assunt; cuppa, sowie auf die Erwähnung der Mischung von Wasser und Wein, und auch die Anführung der Mediolanensis corona.
  2. Die Lokalität ist gleichmäßig bezeugt durch das Trierer Rechnungsbuch und durch Philippe de Vigneulles, bei Huguenin S. 98. Auf dem bis zum 18. Jahrhundert freien Platze steht heute die K. Ludwigs-Kaserne. Vgl. R. Salomon, N. Archiv Bd. 33, Heft 2.
  3. Beneš ed. Emler, Fontes rerum Bohemicarum IV, S. 526: dux Luczemburgensis representans personam regis Boemie, qui est archipincerna. Vgl. Philippe de Vigneulles a. a. O.: ledit duc de Braban, faisant l'office pour le roy de Boheme.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/199&oldid=- (Version vom 1.8.2018)