Seite:Zeumer Die Goldene Bulle.pdf/21

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

einer schnell steigenden Wertschätzung erfreute, sind die Zeitgenossen fast durchweg achtlos an ihr vorübergegangen. Selbst die auf den Reichstagen, auf denen das Gesetz publiziert wurde, anwesenden Personen scheinen von den bedeutsamen Vorgängen, abgesehen natürlich von den unmittelbar beteiligten Kreisen, kaum etwas gemerkt zu haben. Und wenn wir es vielleicht begreifen, daß der Verfasser des gleich näher zu besprechenden Trierer Rechnungsbuches aus seiner Küchenperspektive zum 10. Januar 1356 nur von den vom Erzbischof von Trier zur Tafel geladenen Personen zu berichten weiß, und entsprechend auch zum 25. Dezember zu Metz nur die große Festtafel erwähnt, so muß es doch wundernehmen, daß auch die Städteboten in ihren Berichten von dem Hauptereignis der Reichstage so wenig zu sagen wissen. Gewiß sind viele derartige Korrespondenzen verloren gegangen; doch gibt es auch unter dem überlieferten Material einen deutlichen Beweis für den Mangel an Interesse in diesen Kreisen. In dem kurz nach dem Weihnachtstage 1356 von den Straßburger Ratsboten über diesen Tag erstatteten Bericht[1] wird von allen möglichen Dingen gehandelt, von der großen Zahl der anwesenden Fürsten und Herren, von dem großen Festmahle, bei dem die von den Kurfürsten geübten Erzämter hervorgehoben werden; von der an demselben Tage vollzogenen Publikation des Gesetzes kein Wort! In demselben Schreiben melden die Boten, daß sie ihre Angelegenheit beim Kaiser noch nicht hätten anbringen können wegen der vielen Geschäfte, die er mit den Fürsten zu erledigen hätte. Man scheint demnach hier die Städteboten auch gar nicht zu dem Akte der Publikation herangezogen zu haben, vielleicht, weil es sich in den Metzer Gesetzen nicht mehr um Dinge handelte, die für die Städte von unmittelbarem Interesse waren.

Jedenfalls machen es solche Beobachtungen erklärlich, wenn in noch ferner stehenden Kreisen die Goldene Bulle fast gar nicht beachtet wird. Von den gleichzeitigen chronikalischen Quellen erwähnt nur eine die Nürnberger Gesetzgebung, und zwar in der allerdürftigsten Weise. Es ist das, worauf


  1. Vom 27. Dezember 1356, gedruckt im Straßburger Urkundenbuch V, 1, Nr. 345, S. 403.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)