Seite:Zeumer Die Goldene Bulle.pdf/225

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dafür, daß es sich hier nur noch um ein nicht durch Abstimmung erfolgendes, formloses und unverbindliches „Nennen“ handelt, wie wir es bei der Wahl Wenzels kennen lernten. Nicht aber darf das Fehlen der Erwähnung der Stimmübertragung zum Behuf der electio per unum als Beweis dafür angesehen werden, daß diese Form der Kur damals nicht mehr üblich war, da auch in der vom Erzbischof Heinrich von Köln 1314 erteilten Wahlvollmacht nur schlechtweg die Electio neben der Nominatio genannt wird, während damals doch die electio per unum noch sicher in Gebrauch war.[1]

Ebensowenig wie das Prokuratorium gibt auch der eigentliche Text des Gesetzes einen völlig sicheren Anhalt für die Entscheidung unserer Frage. Doch ergibt sich auch hier eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Annahme, daß nicht mehr die ältere, sondern bereits die jüngere Wahlform als herrschend vorausgesetzt wurde. Freilich darf man auch hier nicht aus der Nichterwähnung der electio per unum folgern, daß es eine solche damals nicht mehr gegeben habe; denn an keiner Stelle will die Goldene Bulle eine Schilderung des ganzen Herganges geben. Wohl schildert sie in c. I die Vorbereitungen zur Wahl und in c. II die Vorgänge, welche den Wahlakt selbst einleiten, die feierliche Messe, den Wahleid der Kurfürsten und ihrer Bevollmächtigten und erwähnt die darauf folgenden Verhandlungen. Dann aber wird der Hergang der Wahl selbst nicht weiter verfolgt, sondern als bekannt vorausgesetzt. Erst in c. IV, § 2 wird in einem ganz anderen Zusammenhange gelegentlich der Festsetzung der Ehrenrechte der einzelnen Kurfürsten ein einzelner Teil der Wahlhandlung, die Abstimmung, erwähnt. Nachdem das schon früher in c. I, §§ 15 und 16 anerkannte Recht des Mainzers, zur Wahl zu berufen, noch einmal betont ist, wird sein Recht, die Abstimmung zu leiten, festgestellt, woran sich dann die Festsetzung der Reihenfolge der Stimmabgabe schließt. Auch an dieser Stelle hat der Gesetzgeber keineswegs die Absicht, den ganzen Hergang der Wahl zu beschreiben, sondern er will nur die Rangordnung und die Ehrenrechte, welche bei der Wahl in Frage kamen, regeln. Diese Dinge aber kamen beim Wahlakte

selbst, wenn wir von der bereits vorher erörterten Anordnung


  1. Vgl. Urkunden Nr. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)