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war, die der Erzbischof von seinem Großneffen als Preis für sein Eintreten für dessen Wahl und Erhebung forderte. Nehmen wir nun dazu, daß eben bei dieser Wahl im Gegensatze zu den beiden vorhergegangenen, an denen Balduin beteiligt war, in dem von eben diesem an den Papst gerichteten Wahldekret, wie auch in den übrigen Mitteilungen der Kurfürsten über diese Wahl die Formen, in welchen sich dieselbe vollzog, mit augenscheinlicher Absicht verhüllt und nur in ganz allgemeinen Wendungen angedeutet werden, daß weder von einer electio per unum noch von der Nominatio und zu deren Behuf erfolgten Abstimmung die Rede ist, und daß weder die electio per unum noch die Abstimmung bei der Nominatio später jemals wieder begegnen, so können wir gar nicht umhin anzunehmen, daß es gerade Karls Wahl war, bei welcher neue Formen zur Anwendung kamen, die mit dem trierischen Anspruch auf die erste Stimme im Zusammenhange stehen.

Als die Wahl Karls zu Rense vollzogen werden sollte, wäre es das nächstliegende gewesen, sie in denselben Formen vorzunehmen, welche bei den letzten Wahlen im Jahre 1314 beobachtet waren. Da nun ohne Zweifel in der ganzen Wahlsache Balduin von Trier die leitende Persönlichkeit war, so wird er die Frage erwogen haben, wie weit bei der bevorstehenden Wahl die Vorgänge bei der letzten, an welcher er selbst teilgenommen hatte, wiederholt werden sollten. Bei dieser Wahl aber, derjenigen Ludwigs, waren die wichtigsten Funktionen dem Mainzer Erzbischof zugefallen. Dieser hatte die Protestatio verlesen, die Abstimmung geleitet und den Kürspruch getan.[1] Es ist begreiflich, daß Balduin nicht geneigt war, dem eben erst zum Zweck der Wahl Karls ernannten Gerlach von Mainz eine solche hervorragende Stellung bei der Königswahl einzuräumen. Und doch war es nicht wohl möglich, ihm die meisten dieser Funktionen streitig zu machen. Die Leitung der Wahlhandlung stand ihm unzweifelhaft als Erzkanzler in Deutschland zu. Die erste Stimme bei der Nominatio blieb sein verbrieftes Recht[2], wenn auch Balduin 1314 wahrscheinlich zuerst gestimmt

hatte, und die Vollziehung der Electio konnte Mainz auf Grund


  1. Olenschlager, Staatsgeschichte, U.-B., Nr. 26, S. 66 ff.
  2. MG. Const. IV, Nr. 17, S. 15.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/236&oldid=- (Version vom 1.8.2018)