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alle Kurfürsten anwesenden Herzogs Rudolf von Sachsen ab, ohne daß wir von einem Widerspruch desselben hören. Erst zwei Jahre später auf dem Tage zu Frankfurt legt der Sachsenherzog am 6. September 1340 Protest ein dagegen, daß vordem der Herzog von Brabant vor Kaiser und Reich das Schwert tragen ließ, und nimmt das Recht des Schwerttragens für sich auf Grund des Marschallsamtes in Anspruch.[1] Wenn er erklärt, daß er damals nicht widersprochen habe, weil er nicht gewußt hätte, daß der Herzog von Brabant das tun sollte, so klingt das bedenklich nach einer nachträglich erfundenen Ausrede. Zwar ist nicht ganz ausgeschlossen, daß der Herzog von Brabant noch in einem anderen Falle nach dem Koblenzer Tage das Amt durch einen Vertreter hat ausüben lassen. Dann aber wäre es noch weniger begreiflich, daß Herzog Rudolf so lange geschwiegen haben sollte zu wiederholter Usurpation eines von ihm beanspruchten Rechtes durch einen andern. Ich finde für das Verhalten des Sachsenherzogs keine andere Erklärung als die, daß er erst nachträglich auf das ihm von dem Schwabenspiegel zugeschriebene Recht aufmerksam geworden war.

Der Vorgang zu Frankfurt ist charakteristisch für die dilatorische Behandlung, welche man in jenen Zeiten staatsrechtlichen Streitfragen angedeihen zu lassen liebte. Herzog Rudolf protestierte gegen die Übung eines ihm zustehenden Rechtes durch einen andern, der Kaiser beurkundete diesen Protest, und das gleiche taten andere anwesende Fürsten, ohne daß irgendeine Entscheidung nach der einen oder der anderen Seite erfolgt wäre.

Die reichsgesetzliche Anerkennung des sächsischen Rechts erfolgte erst durch die Nürnberger Gesetze in den Kapiteln IV und XXII der Goldenen Bulle. Zwar wird in c. IV, § 3 nur gesagt, der Herzog von Sachsen solle

bei Hoftagen das Marschallsamt ausüben (officium marescallatus exercebit)


  1. Die bei Böhmer, Regesten Ludwigs d. B. Add. II, S. 327, Nr. 3085 verzeichnete, bisher ungedruckte Urkunde des Kaisers wird im II. Teil, Urkunden Nr. 3 mitgeteilt. Außer dieser im Gesamtarchiv des ernestinischen Hauses zu Weimar befindlichen Urkunde liegen dort noch zwei andere vom gleichen Tage, welche denselben Vorgang bezeugen. Die eine derselben ist vom Erzbischof Heinrich von Mainz, die andere vom Markgrafen Friedrich von Meißen ausgestellt. Beide Stücke waren bisher unbekannt und sind, nachdem Herr Archivdirektor Dr. Burkhardt die Güte hatte, mich auf dieselben aufmerksam zu machen, für den Apparat der Monumenta Germaniae abgeschrieben. Der Kaiser bezeugt in seiner Urkunde folgendes: (Herzog Rudolf v. Sachsen) tet uns kunt, umb daz swert, daz der hertzog von Brabant vor uns und dem rich tragen lie, daz er ze den selben zeiten nicht weste, daz er daz tragen solt, un da von widerret er sein nicht, daz er bei seinem ayd vor uns bereden wolt, und hat daz also vor uns widersprochen, da di vorgenant fuersten gagenwurtig gewesen sint, und spricht auch unser vorgenannter oeheim hertzog Rudolf, daz im das swert zu gehoer ze tragen von sinem marschalchampt. In genau entsprechender Weise urkundet der Erzbischof von Mainz: daz ... Rudolf ... rete umb daz swerd, daz der hertzoge von Brabant tragen liez vor dem riche, das gehoer yem zuo, zuo tragende, von rechtes wegin, und daz ers nicht wiederret hat, daz ist dar uomb, daz er is nicht enwiste, und gehorte zuo sime marschalkampte ... Fast wörtlich gleichlautend ist die Urkunde des Markgrafen: ... das sulle er tragen von rechtis wegin, unde das er iz nicht widirredit hat, das sprichit er da von, das er is nicht weste, unde gehore czuo sime marschalk ampte.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/259&oldid=- (Version vom 23.5.2021)