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Wahl nicht die Majorität aller sieben Kurstimmen ansah, sondern die Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Kurfürsten für ausreichend hielt. Auf diesen Standpunkt stellte sich denn auch Sigmunds Partei. Schon in der Verkündigung ins Reich vom 20. September 1410 erklärten der Erzbischof von Trier und der Pfalzgraf, daß sie „mit Zufall der Stimme und des Willens“ des Bevollmächtigten Sigmunds und also mit dem merern teil der kuren und stimmen, die diese zit hie sind, Sigmund gewählt hätten.[1] Verteidigt wird diese Ansicht in einer in der Umgebung Sigmunds entstandenen Denkschrift, der sog. Refutatio anonymi, welche sich in § 7 auf die Analogie der Papstwahl beruft.[2] Eingehender begründet denselben Standpunkt noch die dem Schriftstück wohl bald nach seiner Abfassung hinzugefügte Glosse. Zu § 7 führt dieselbe im Gegensatze zu dem Hostiensis und im Anschluß an Lupold von Bebenburg aus, daß die Fürsten das Recht der Königswahl nicht als einzelne Personen, sondern nur in ihrer Gesamtheit als Kollegium besäßen, knüpft daran aber noch die von Lupold nicht gezogene Folgerung, daß daraus sich ergebe, daß zur Wahl nicht die Majorität der Gesamtheit, sondern nur die der Anwesenden erforderlich sei.[3] In einer Glosse zu § 9 der Denkschrift setzt sich der Verfasser mit der entgegenstehenden Bestimmung unseres § 5 auseinander.[4] Diese soll, obwohl sie nur für den Fall, daß alle sieben Wähler an der Wahl teilnehmen, anordne, daß die dann vier Stimmen betragende Majorität durch Selbstwahl des bereits von dreien gewählten Kurfürsten hergestellt werden könne, dennoch mit Hilfe eines Analogieschlusses, paritate rationis, dahin zu verstehen sei, daß, falls nur fünf oder weniger Stimmen teilnehmen sollten, die Majorität von drei Stimmen

durch Selbstwahl des von zweien gewählten dritten hergestellt


  1. Reichstagsakten VII, Nr. 32, S. 49.
  2. Ebenda Nr. 53, S. 81.
  3. Ebenda Nr. 53, S. 81.
  4. Ebenda Nr. 53, S. 83 f.: Iste (sc. burggravius) adhibens consensum auxit numerum per constitutionem auree bulle, que, licet loquatur de tribus eligentibus et quarto consentiente, in casu videlicet, quando omnes VII electores essent presentes, paritate tamen rationis est intelligenda, etiam in casu, quo tota electio residet in quinque vocibus vel paucioribus, quod tunc consensus tertii augmentet numerum.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)