Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band. | |
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Wohl blutet der Drache, wohl brüllet er laut,
doch drang nicht die Lanze in’s Leben ihm ein,
und bäumet und wälzt sich in’s Dörfchen hinein.
Der Ritter nicht ferne ihm immer zur Seite,
gibt weichend und beugend ihm drohend Geleite.
Er lenket und zerret mit kräftiger Hand
da will es nicht weichen, und steht wie gebannt –
es blutet am Hufe, das Eisen ist los!
Der Ritter gewahrt es mit bangem Erbleichen,
doch mag er nicht flüchten, doch mag er nicht weichen2).
halt aus nur, halt aus in der gräßlichen Noth!“
Da, bäumend vor Schmerzen, ermannt sich das Roß,
als ob es erkenne den drohenden Tod,
und der Ritter, stets lauernd in weniger Weite,
Und endlich gibt sich der Drache ihm blos.
Jach spornet der Ritter sein bäumendes Pferd,
und bohret mit raschem gewaltigen Stoß
in des Drachen Gekröse sein spitziges Schwert,
da zuckte zu Tode der Körper des Drachen3).
Das Hufeisen soll das Pferd verloren haben auf der jetzigen Ritterstraße, bei der Nikolaikirche, und soll auch diese Straße vom Ritter Georg den Namen erhalten haben.
3) Dies soll da geschehen seyn, wo jetzt das Georgenhaus steht, über dessen Thüre, der Ritter im Kampfe mit dem Drachen, in Stein gehauen, zu sehen ist. Auch das Georgenhaus soll den Namen von diesem Ritter Georg erhalten haben.
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_010.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)