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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

     Das schaute der König vom Schlosse herab,
     und eilte mit Ankomarinden herbei,
     die wogende Menge des Volkes umgab

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     den Sieger mit Jauchzen und Freudengeschrei.

Wie zittert, wie weinet der König vor Freude,
wie jubeln, wie preisen den Ritter die Leute!

     Der König spricht freudig: „Herr Ritter, sagt an,
     was wollt ihr, o redet! was wollt ihr zum Lohn?

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     Ihr habt uns das Größte, das Beste gethan!“

     Der Ritter erwiedert: „O schweiget davon!
Nicht hab’ ich’s gewaget, um Lohn zu empfangen,
ich that, was die Pflichten des Ritters verlangen.“

     Und ob auch der König die Krone ihm beut,

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     der Ritter verweigert sich jeglichen Preis,

     und spricht: „Herr König, hoch bin ich erfreut,
     daß Ankomarinden gerettet ich weiß!
Doch wollt ihr zum Danke mir etwas verehren,
so mögt ihr den einzigen Wunsch mir gewähren.“

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     „Betrachtet, Herr König, betrachtet mein Roß!

     Mich jammert das Thier, das getreue, so sehr,
     es blutet am Fuße, das Eisen ist los,
     o rufet mir doch euern Hufschmidt daher.
Der mag es verbinden und wieder beschlagen,

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dann wird es getreulich noch fürder mich tragen.“


Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 011. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_011.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)