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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

„„O dober, dober! nix zu saken!
     Was Teufel! Hat Courag’ die Bär!““

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So polterten darauf die beiden

Polaken, die sich herzlich freuten,
     daß nur der Stall noch ledig wär’,
und führten dann ihr Vieh zur Ruh,
und riegelten die Thüre zu.

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Drauf führt der Müller seine Gäste

     in’s Stübchen, und heitzt tüchtig ein,
bringt Brandewein herbei und Essen,
und als sie sich recht satt gegessen,
     da schleppt er Schüttenstroh herein,

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und holt zur Decke auf der Streu

zwei leere Säcke noch herbei.

Drauf wünscht er ihnen gute Ruhe,
     und nimmt das Licht, und geht in’s Nest,
wo ihn jedoch ein stilles Sorgen

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um die zwei Bärenleichen morgen

     erst spät den Schlummer finden läßt.
Indessen schnarchen längst die Zwei,
vom Marsche müde, auf der Streu.

Doch als der alte Stubenseiger

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     die böse Geisterstunde schnarrt,

da fängt’s im Stalle an zu hausen,
daß drob der Müller voller Grausen
     in seinem Bette munter ward.
„Hu!“ – denkt er zitternd – „hu, jetzt wird

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das fremde Viehzeug massacrirt.“


Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 026. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_026.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)