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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Und als am Morgen drauf die Polen

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     mit ihren Bären weiter zieh’n,

füllt er mit Broden ihre Säcke,
und geht mit ihnen eine Strecke
     bis in die Sehmer Waldung hin,
und spricht: „Ich danke auch recht schön,

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mag’s euch selbander wohl ergeh’n!“ –


Als wenig Tage drauf der Müller
     bei Nacht einmal nach Hause kehrt,
da tritt mit grausigem Getöse
urplötzlich vor ihn hin der Böse,

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     und spricht: „Mein lieber Müller, hört!

Sind denn im Stall – ei sagt mir’s doch!
die beiden großen Katzen noch?“

Der Müller schlägt ein Kreuz, und stottert:
     „Ei wohl, die Katzen sind noch da!“

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Da huscht mit grimmigen Gezische

der Böse abseits in’s Gebüsche,
     und ihn noch Niemand wiedersah.
Gewiß hat’s später ihn frappirt,
daß er sich damals so blamirt.

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Seitdem nun wurde jene Mühle

     die Katzenmühle nur genannt. –
Wenn ich an ihr vorübergehe,
und auf den Stall daneben sehe,
     denk’ ich: Wie mancher Mann im Land

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hat eine große Katz’ im Haus,

und bringt den Teufel doch nicht ’naus!






Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 028. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_028.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)