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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

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Doch als in der Predigt des Tages darauf

     der Pater ihn wieder verfluchte,
da wallte der Ingrimm im Herzen ihm auf,
     daß am Pfaffen er Rache drob suchte.
Und da kommt in der Wuth ihm das Gräßlichste bei,

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und er eilt nach der Predigt zur Sakristei,

     und stößt ihn mit blitzendem Schwerte
                    zur Erde.

Wie winselt der Pater, wie krümmet er sich,
     wie verflucht er den Mörder zur Hölle!

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Der Ritter erbebte im Innern, und wich

     bestürzt von der blutigen Stelle.
Wild scholl ihm zu Ohren des Sterbenden Fluch,
ihn faßte Verzweiflung, er brüllte und schlug
     vor die Stirn sich und stürzte ohn’ Oden

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                    zu Boden.


Und als er erwacht, ist die tobende Wuth,
     zum Jammer des Wahnsinns geworden;
dumpf heult er: „Wie stinken die Hände nach Blut!
     Wie sind sie so müde vom Morden!

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Wie winselt, wie ächzet der fromme Kaplan!

Wie schreit meine Sünde zum Himmel hinan!
     Wie schreit sie zu Gott, mein Verbrechen
                    zu rächen!“

So schlaflos drei Tag’ und drei Nächte hindurch,

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     zerwühlet der Ritter die Betten;

aufspringt er am vierten, hinweg von der Burg
     zerrt’s ihn wie mit eisernen Ketten

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 032. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_032.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)