Seite:Ziehnert Sachsens Volkssagen II 084.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

25
     Des Meeres Vögel schaaren sich

     und flattern ängstlich um den Mast,
     dumpf rauscht die Fluth, und fürchterlich
     entladet sich der Wolken Last.
Die Blitze zerreißen den Mantel der Nacht,

30
der Sturm erhebt sich und heult mit Macht.


     Heisch durch des Wetters Toben dringt
     des Hauptmanns ängstliches Gebot,
     wie rafft die Mannschaft sich, wie springt,
     wie müht’ sich Jeder in der Noth!

35
Wie beten sie laut! Der Sturmwind verweht,

als verschmäht’ es der Himmel, der Schiffer Gebet.

     Todtbleich auf dem Verdecke stand,
     gleich einer geistischen Gestalt,
     ein Rittersmann aus Sachsenland,

40
     der Junker Wolf von Lichtenwald.

Er kehrte vom heiligen Lande zurück,
durch Narben gewürdigt für’s schönste Glück.

     Er hatt’ ein Lieb im Vaterland,
     ein Fräulein, wunderhold und schön,

45
     doch konnt’ er Kunigundens Hand

     von ihrem Vater nicht erflehn;
er solle, sprach dieser, zuvor noch zwei Jahr
sich rühmlich erproben in Kampf und Gefahr.

     Der Junker, seinem Liebchen treu,

50
     zog flugs in’s heil’ge Land hinaus,

     und als das zweite Jahr vorbei,

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 084. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)