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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Er bläst, so gut vor Angst er kann,
und wirbelnd hebt der Reigen an;
die Tänzer heulen fürchterlich,
die Leichentücher bauschen sich,

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und immer rascher fliegt der Reihn,

mit Todtenknochen wirft es drein,
und Höllenlarven ohne Zahl
ziehn grinzend oben hin im Saal.

Claus hatte einen harten Stand!

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Von Todesängsten übermannt –

kein Wunder, wenn er unrein blies,
auch wohl manch Achtel sitzen ließ!
Jedoch die Tänzer waren streng,
und jedes falsche Schnedredeng

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bezahlten sie ihm baar sogleich

mit einem derben Backenstreich.

Hätt’s ihm sonst Jemand so gemacht,
den hätt’ er blindlings umgebracht!
Doch heute mußt’ er duldsam seyn,

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und steckte zitternd Alles ein,

und blies aus Leibeskraft dabei,
als ob’s ihm ein Vergnügen sey,
bis endlich, für ihn spät genug!
die Kreuzthurmglocke Ein Uhr schlug.

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Da ließ der Reigen plötzlich aus,

die Tänzer drängten sich hinaus
zur Thür, und kreischten dumpf dazu:
„Zur Grabesruh! Zur süßen Ruh!

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)