Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band. | |
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Unbeweglich hing sein Auge
an des greisen Pfarrers Mund,
denn der Trost des Gotteswortes
war für ihn der schönste Fund.
durch das heil’ge Wort erquickt!
Und wie bebt er, tief ergriffen,
als er selber sich erblickt,
sich, gleich bei der Kanzel stehend,
auf der Schulter eine Stufe
blanken Silbers, lang und breit.
Die Gestalt zerfloß in Nebel;
Teller wendet seinen Blick
nur zu hoffen solches Glück.
Aber wie er sich auch mühet,
zu vergessen das Gesicht,
unverwandelt vor den Augen
Langsam geht er aus der Kirche,
durch das Gotteswort gestärkt,
sieh, da kommt ein Herr des Weges,
der mitleidig ihn bemerkt.
– ruft der liebe reiche Mann –
Warum ziehst du heut zum Feste
nicht die Feierkleider an?
Zum Häuerfesttagskleid gehört die grüne Mütze ohne Schirm, welche die Form eines hölzernen Mäßchen, und vorn eine große Cocarde in der Nationalfarbe hat; der Paradekittel, der sich von dem Grubenkittel nur durch die schwarze Farbe und die gelben oder weißen Metallknöpfe unterscheidet; der mit Spitzen besetzte weißzeugene Kragen, die weißleinenen bis zum Knie reichenden Beinkleider; die weißen Strümpfe und die sogenannten Kniebügel, d. i. halbrunde, 6 Zoll hohe, schwarz lackirte Stücken Kalbleder, die unterm Knie angeschnallt, über dasselbe heraufstehen; endlich die Bergparde, d. i. eine Art Helleparde mit 1¼, Elle langem Stiele.
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)