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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Der güt’ge Churfürst faßte ihn
gar sanft am Kinn: „„Dir sey verzieh’n
     um deiner Jugend wegen.
Dich schützte Gott! er sey mit dir,

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wie heute Nacht, so für und für

     mit seinem Schutz und Segen.““

Dies Wort traf ein. Der Himmel war
mit unserm Pagen immerdar4) . –
     Die schmale Felsenstätte,

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wohin er einst zu Bette kroch,

heißt ihm zum Angedenken noch
     bis heut das Pagenbette.







[Ξ] 4)

In mehrern Lebensgefahren schien eine unsichtbare Hand den von Grünau zu beschirmen. So setzte einst sein scheugewordenes Pferd von der Dresdner Brücke mit ihm hinab in die Elbe, aber auch hier ward er glücklich gerettet. Als August II. 1740 auf seiner Reise nach Polen durch Bischoffswerda kam, machte ihm Heinrich von Grünau daselbst als hoher Greis seine Aufwartung. Er lebte zu Schmölln bei Bischoffswerda bei seiner Schwester, einer Frau v. Staupitz, aber nach deren Tode mußte er zu einem Bauer, Namens Dreßler, ziehen, wo er bei der geringen Pension von 16 Thalern jährlich sehr dürftig leben mußte. Doch behielt er immer seine gute Laune bei, und erzählte den Bauern seine Schwänke und Possen, so daß ihn diese, als er am 9. Decbr. 1744 im 107. Lebensjahre starb, herzlich betrauerten.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_185.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)