Seite:Zum Gedächtnis des Herrn Johannes Deinzer 08.png

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und als Vikar von Herrn Pfarrer Löhe. Diese Doppelstellung ist ein Merkmal seiner ganzen Dettelsauer Thätigkeit geworden. Er war von da an immer zu gleicher Zeit Lehrer und im Pfarramte thätig, welch letzteres ihm zweimal ernstlich angetragen wurde. Nur allmählich löste er sich von ihm ab. Wiederholt hatte er die Verwesung desselben, bis er zuletzt nur mehr in einzelnen Predigten und Kasualfällen aushalf. Für seinen späteren Hauptberuf war diese Verbindung mit dem Pfarramte von hohem Wert, sie schützte ihn vor einseitiger Gelehrsamkeit. In seine Doppelstellung arbeitete er sich übrigens rasch ein und fand bald den Beifall seiner beiden Vorgesetzten. In dem Jahre 1870, als Herr Pfarrer Löhe schon anfing gebrechlich zu werden, wurde er zur Unterstützung desselben zum Konrektor an der Diakonissenanstalt ernannt. Damals verehelichte er sich auch mit Fräulein Klara Alt, Tochter des Herrn Gerichtsdirektors Alt von Neuendettelsau, eine Ehe, die 18 Jahre lang währte und infolge mehrfacher Ursachen für ihn zu einer hohen Schule des Lebens wurde. Bald darauf starben auch, und zwar ziemlich rasch nacheinander, seine beiden väterlichen Freunde, Pfarrer Löhe und Inspektor Bauer; das war für ihn ein harter Schlag, er war plötzlich vereinsamt. Es brachen schwere Zeiten für ihn an, in denen er sich durch Bewährung in Treue und christlicher Selbstüberwindung Vertrauen und gesicherte Stellung zu erringen hatte. Mit Gottes Hilfe ist ihm die schwere Aufgabe gelungen, und er reifte in dieser Schule zu der geistlichen Tüchtigkeit, die man hernach an ihm schätzte, und zu der vertrauenswürdigen Persönlichkeit, als welche er in späterer Zeit allgemein anerkannt wurde.

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 Im Jahr 1875 wurde er zum Inspektor der Missionsanstalt ernannt, der er von da an bis zu seinem Tod vorgestanden ist. In dieser Stellung erlangte seine Persönlichkeit ihre besondere geschichtliche Bedeutung für engste, weitere und weiteste Kreise; er wurde der Stammhalter, Träger und Vertreter der Löhe’schen Anschauungen und Bestrebungen, fast im Gesamtumfang derselben. Zunächst suchte er in der Dettelsauer Gemeinde die Erinnerung an ihre große Vergangenheit so gut als es möglich war, zu erhalten, und in der That konnte man in seinen Festpredigten

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Hermann von Bezzel: Zum Gedächtnis des Herrn Johannes Deinzer. C. H. Beck, Nördlingen 1897, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zum_Ged%C3%A4chtnis_des_Herrn_Johannes_Deinzer_08.png&oldid=- (Version vom 20.7.2016)