Seite:Zum Gedächtnis des Herrn Johannes Deinzer 28.png

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geschlagen, er wird uns auch verbinden“; wenn Ihr, trotz aller Bekümmernis Eures Herzens dennoch voller Liebe zum HErrn, mit Petrus ausrufet: „HErr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ „Wollt ihr auch weggehen?“ hatte der HErr die Zwölfe gefragt, als so viele aus dem weiteren Jüngerkreis an der „harten Rede“ sich ärgerten, daß er sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken geben werde. Sie glaubten nicht, sie wollten „ihre Vernunft nicht gefangen nehmen unter den Gehorsam Christi“; das schied sie von dem HErrn. „Wollt ihr auch weggehen?“ diese Frage ergeht nun auch an Euch in Eurem Leide und Eurer Trauer; wollt Ihr murren gegen die Schickung des HErrn, wollt Ihr Euere Herzen von ihm wenden als von einem, der Euch zu viel gethan habe? – Damals, als der HErr die Zwölfe frug, antwortete Petrus: „HErr, wohin sollen wir gehen?“ Doch nicht zu den Pharisäern mit ihrer Selbst- und Werkgerechtigkeit, doch nicht zu den Sadducäern mit ihrem Unglauben und ihrem Wohlleben doch nicht zu den Schriftgelehrten mit ihrer Buchstabenknechtschaft? Nein, „Du hast Worte des ewigen Lebens“, Worte, die uns den Weg zum ewigen Leben recht zeigen, ja die selbst, wie du eben gesagt hast, „Geist und Leben“ sind. – Sprechet auch Ihr also! Eure Freude sei, daß Ihr Euch zu Gott haltet und Eure Zuversicht setzet auf den HErrn (Ps. 73, 28). Tage tiefen Leides sind Tage der Entscheidung, oder für die, die sich bereits entschieden haben, Tage neuen Antriebs. O benutzet diese Leidens- und Kummertage und laßt Euch antreiben, immer mehr zu Jesu zu kommen, in eine immer innigere Gemeinschaft mit ihm einzutreten. Wenn wir uns sonst wohin wenden, kommen wir stets leer und unerquickt, ja unglücklich zurück, bei ihm, dem HErrn aber finden wir alles, was wir bedürfen für unsere müden und bekümmerten Seelen. Wir kommen zu ihm tiefgebeugt, und siehe, ein Lebenswort spricht er in unser Herz, daß wir getröstet werden, daß dem Leid der bittere Stachel genommen wird, daß wir Ergebung finden und Willigkeit geduldig zu tragen, was er uns auferlegt hat, daß wir gerade im Leide, wo sonst kein Friede ist, den wunderbaren Frieden Gottes spüren dürfen, welcher „höher ist, denn alle Vernunft“.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Zum Gedächtnis des Herrn Johannes Deinzer. C. H. Beck, Nördlingen 1897, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zum_Ged%C3%A4chtnis_des_Herrn_Johannes_Deinzer_28.png&oldid=- (Version vom 20.7.2016)