Seite:Zur Naturgeschichte des Menschen-Gerstaecker-1860.djvu/8

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Bei den Ichthyophagen, Geophagen und Omniphagen scheint die Nahrung aber keinen entschiedenen Charakter zu bewirken.

Eine scharfe Abgrenzung dieser Klassen läßt sich indessen in Europa doch nicht durchführen, denn der Mensch beschränkt sich hier gewöhnlich nur im Nothfall auf ein bestimmtes und einseitiges Gericht. Im Gegentheil strebt er allgemein nach einer Verbesserung seiner Lage und Diät, nämlich nach Suppe, Gemüse und Fleisch, Braten und Salat oder Compot, und zum Nachtisch noch nach einer Tasse Kaffee.

Die Selbsteintheilung der civilisirten Völker, von den verschiedenen individuellen Standpunkten aus, geht nebenbei ins Unendliche, und des Beispiels halber will ich nur einige anführen. Die Polizei – als officielles Organ der Civilisation verdient sie jedenfalls zuerst genannt zu werden – theilt die Menschen in zwei Klassen: nämlich in solche, die ihre Strafe verbüßen oder unter polizeilicher Aufsicht stehn, und in solche, gegen welche noch nichts Nachtheiliges bekannt geworden. – Ebenso thun es, als Unterabtheilung, die Gefängnißwärter und zwar: in solche, die sitzen, und in solche, die noch nicht sitzen.

Der Oekonom kennt ebenfalls nur zwei Species, die erste unter der Rubrik: freie Weide, d. h. solche, die sich frei ernähren und von ihren eigenen Kräften selbständigen Gebrauch machen. Dazu gehören: Oekonomen, Kaufleute, Künstler, Aerzte, Advokaten etc. Die zweite unter der Rubrik: Stallfütterung, d. h. solche, die eine bestimmte feste und gebundene Anstellung mit Pension haben. – Das Militär theilt das Menschengeschlecht gewöhnlich in Leute mit zweierlei und einerlei Tuch. – Der Beamte in nöthige und unnöthige Mitglieder der menschlichen Gesellschaft. – Der Kaufmann in Käufer und Concurrenten. – Der Buchhändler in Leser, die Bücher kaufen, Aristokratie, in solche, die in einer Leihbibliothek abonnirt sind – Bürgerthum – und in solche , die gar nicht lesen – Proletariat etc.

Solche individuelle und meist nur einseitige Ansichten können aber nicht maßgebend sein und dienen höchstens dazu, dem Psychologen die leider noch sehr große Uneinigkeit des Menschengeschlechts deutlicher zu machen.

Soweit also die Eintheilung der civilisirten Völker, die allerdings ein wenig complicirt ist, ihrer verschiedenen und mannigfachen Bedürfnisse wegen. Weit einfacher stellt sich dagegen die Eintheilung der uncivilisirten Erdbevölkerung heraus, die über alle Welttheile gleich zahlreich zerstreut ist, und deren einzelne Glieder gemeinhin Wilde genannt werden.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Zur Naturgeschichte des Menschen. In: Hausblätter, 1860, 1. Band. Adolph Krabbe, Stuttgart 1860, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zur_Naturgeschichte_des_Menschen-Gerstaecker-1860.djvu/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)