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und auf den Bergen schreitet die Schönheit mit schmalen, goldenen Füßen. Die alten Arten des Schaffens sind natürlich noch nicht gestorben. Die Künstler kopieren entweder sich selbst oder einander in langweiliger Wiederholung. Aber die Kritik ist immer in Bewegung, und der Kritiker steht nie stille.

Auch ist ferner der Kritiker nicht wirklich auf die subjektive Ausdrucksform beschränkt. Ihm gehört nicht bloß die epische, sondern ebensowohl die dramatische Form. Er kann den Dialog anwenden, wie es der tat, der Milton mit Marvel über den Charakter der Komödie und Tragödie diskutieren und Sidney und Lord Brooke unter den Eichen von Penhurst über Wissenschaften und Künste sich besprechen ließ; oder er kann die erzählende Form wählen, wie es Walter Pater gerne tut, von dessen „Imaginary Portraits“ – so heißt das Buch doch? – jedes einzelne uns in der phantastischen dichterischen Einkleidung ein schönes und köstliches kritisches Stück bietet: eins über den Maler Watteau, ein anderes über die Philosophie Spinozas, ein drittes über die heidnischen Elemente in der Frührenaissance, und das letzte und in manchem Betracht wirkungsvollste über die Herkunft der Aufklärung, die im letzten Jahrhundert in Deutschland heraufkam und der unsere Kultur so viel verdankt. Sicher kann der Dialog, diese entzückende literarische Form, die von Plato zu Lucian und von Lucian zu Giordano Bruno, und von Bruno zu dem großen alten Heiden, an dem Carlyle so viel Freude fand, die schöpferischen Kritiker der Welt immer angewandt haben, für den Denker nie seine Anziehung als Ausdrucksmittel verlieren. Vermittelst des Dialogs kann er sich zeigen, wie er ist, und kann sich verstecken und jeder Laune Form und jeder Stimmung Ausdruck geben. Vermittelst