Seite:Zwei Gespräche von der Kunst und vom Leben.pdf/147

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recht ordinäre Übertreibung die feine Verachtung der Natur, die das Beste und das allein Bescheidene an ihnen ist. Man wird am Ende der Werke von Individuen müde, deren Individualität immer geräuschvoll und selten interessant ist. Viel mehr ist zugunsten der neueren Pariser Schule, der Archaicistes, wie sie sich nennen, zu sagen, die es ablehnen, den Künstler gänzlich vom Wetter abhängig zu machen und daher das Ideal der Kunst nicht bloß in atmosphärischen Wirkungen suchen, sondern mehr der poetischen Schönheit der Zeichnung und dem Zauber schöner Farbe nachtrachten; sie lehnen den öden Realismus derer, die bloß malen, was sie sehen, ab und suchen etwas zu sehen, was des Sehens wert ist, und es nicht nur mit ihren äußerlichen, körperlichen Augen zu sehen, sondern mit der edleren Anschauung der Seele, deren geistiges Gesichtsfeld ebensoviel weiter ist wie das, was auf den Wegen der Seele angelegt und vollbracht wird, herrlicher ist. Jedenfalls arbeiten sie unter dem dekorativen Zwange, den jede Kunst zu ihrer Vollkommenheit braucht, und haben soviel ästhetischen Instinkt, um die schmutzigen und dummen Beschränkungen, die der Wunsch, absolut modern zu sein, der Kunst auferlegt, nicht leiden zu wollen, Beschränkungen, an denen nicht wenige unter den Impressionisten zugrunde gegangen sind. Doch die Kunst, die frei heraus und völlig dekorativ ist, das ist die Kunst, mit der man leben mag. Sie ist unter allen sichtbaren Künsten die einzige Kunst, die Stimmung und Temperament in uns erzeugt. Reine Farbe, die nicht von einer Bedeutung befleckt ist und nicht mit bestimmter Form verbunden ist, kann auf tausend verschiedenen Wegen zur Seele sprechen. Die Harmonie, die in den köstlichen Verhältnissen von Linien und