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der Reden Ciceros und den Biographien des Sueton; in Tacitus, wo er auf der Höhe ist; in Plinius’ Naturgeschichte; in Hannos Periplus; in all den Chroniken aus früheren Jahrhunderten; in den Leben der Heiligen; bei Froissart und Sir Thomas Mallory; in den Reisen des Marco Polo; bei Olaus Magnus und Aldrovandus und Conrad Lycosthenes mit seinem prächtigen Prodigiorum et Ostentorum Chronicon; in der Selbstbiographie Benvenuto Cellinis; in den Memoiren Casanovas, in Defoes Geschichte der Pest; in Boswells Leben von Johnson; in Napoleons Depeschen und in den Werken unseres Carlyle, dessen „Französische Revolution“ zu den spannendsten historischen Romanen gehört, die je geschrieben wurden: überall spielen die Tatsachen, wie es ihnen zukommt, eine untergeordnete Rolle, oder sie werden um ihrer Langweiligkeit willen ganz ausgeschaltet. Jetzt ist alles anders geworden. Die Tatsachen haben nicht bloß ihren festen Platz in der Geschichte, sie verheeren auch das Gebiet der Phantasie, und haben das Reich der Romantik überfallen. Sie sind überall eingedrungen und verbreiten überall Kälte. Sie machen die Menschheit gemein. Seinen rohen, materialistischen Handelsgeist, seine Gleichgültigkeit gegen die poetische Seite der Dinge und seinen Mangel an Phantasie und hohen unerreichbaren Idealen verdankt Amerika ganz und gar dem Umstand, daß es zu seinem Nationalhelden einen Mann gemacht hat, der nach seinem eigenen Geständnis unfähig war, eine Lüge zu sagen, und es ist nicht zu viel gesagt, daß die Geschichte von George Washington und dem Kirschbaum mehr Schaden und in einem kürzeren Zeitraum getan hat, als irgend eine andere moralische Geschichte in der ganzen Literatur.“

Cyrill: Aber Bester!

Empfohlene Zitierweise:
Oscar Wilde: Zwei Gespräche von der Kunst und vom Leben. Insel, Leipzig 1907, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Gespr%C3%A4che_von_der_Kunst_und_vom_Leben.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)