Preußens Heldenkönig, Deutschlands Ruhm und Stolz.
Aeltester Sohn Friedrich Wilhelm I., Königs von Preußen,
als Prinz von Oranien geboren, im zweiten
Lebensjahre Kronprinz geworden, genoß er unter der
Aufsicht des strengen Vaters eine militärisch despotische
Erziehung, deren starren Fesselzwang der aufstrebende
Geist des Kronprinzen auf jede Weise zu brechen suchte.
Daher langnachhaltiger Zwiespalt mit dem ruhmvollen,
praktischen Vater, der jede Idee des Sohnes, die irgend
romantische Färbung haben mochte, mit Härte durchschnitt,
daher in Friedrich II. frühzeitig die Entwickelung
zu einem durch Widerstand gestählten Charakter. Die
Mutter, Sophie Dorothea, königl. Prinzessin von Großbrittanien
und Hannover, liebte Friedrich zärtlich, sie
suchte zu sühnen, suchte ihn, als er zum Jüngling
herangewachsen war, durch die Hand einer englischen
Prinzessin zu beglücken, während der Vater aus politischen
Rücksichten mehr zu Oesterreich sich hinneigte,
und dieser Zwiespalt der Ansichten des königlichen Aelternpaares
wurde dem Sohne ebenfalls zur Quelle
mancher Leiden. Alle schönen Neigungen, deren Friedrichs
jugendliches Herz begehrte: Musik, Lectüre, Glück
der Freundschaft, mußte er heimlich zu befriedigen suchen,
und da nichts verborgen blieb und bleiben konnte, so
entfremdete sich ihm des Vaters Herz mehr und mehr,
und der König dachte schon daran, den Kronprinzen
seines angeborenen Rechts zu entsetzen und den mehr
geliebten, folgsameren zweiten Prinzen August Wilhelm
zum Nachfolger in der Herrscherwürde zu bestimmen.
Der Riß zwischen Vater und Sohn erreichte seinen
Gipfel, als der Kronprinz einen Fluchtversuch wagte,
welcher verrathen wurde und die schrecklichsten Folgen
nach sich zog. Der treue Freund und Gehülfe bei dem
grausam vereitelten Projekt, Lieutenant Katte, wurde
zu Küstrin hingerichtet, und aus dem Fenster seines
dortigen Gefängnisses mußte der Kronprinz den Freund
zum Tode führen sehen, ja sein eigenes Leben stand
auf dem Spiele, bis endlich der aufgebrachte Vater
sich versöhnen ließ. Zu dieser Versöhnung trug ein
Opfer des Gehorsams von Seiten des Sohnes wesentlich
bei; der Kronprinz vermählte sich auf des Vaters
Wunsch mit der Prinzessin Elisabeth Christine von
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/113&oldid=- (Version vom 14.9.2022)