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Erbtheil aller Sachsenfürsten, bewog Friedrich III. 1502 zur Gründung der Hochschule Wittenberg, welche er mit Lehrkräften und Lehrmitteln auf das erfreulichste ausstattete, so daß sie bald an Ruhm viele ältere deutsche Universitäten überstrahlte. Zum Lehrer an dieser Hochschule berief der Kurfürst im Jahre 1508 auch den Augustinerklostergeistlichen Martin Luther. Friedrich III. war offenbar ein Werkzeug in der Hand der Vorsehung; in Erfurt, der zwar unterm Schutz der Sachsenfürsten, aber unter kurmainzischer erzbischöflicher Gewalt und Botmäßigkeit stehenden Stadt, hätte Luther nicht wagen dürfen, so gegen den Ablaß auftutreten, wie er in Wittenberg that.

Friedrich III. bewährte den Namen, den die Anerkennung der Geschichte ihm beilegte, beim Reformationswerke recht augenscheinlich; er griff nicht eigenmächtig und selbsthandelnd ein in den Gang, den die Kirchenverbesserung nahm, mischte sich nicht in den Streit, welcher entbrannte; er ließ gewähren, hemmte nicht die Entfaltung; Luther selbst wünschte nicht die Einmischung der Fürstenmacht in die Glaubensangelegenheit. Nur als es galt, den bedrohten Reformator zu sichern und zu schirmen, da gebot der edle und weise Fürst die stille Aufhebung und Hinwegführung Luther’s an einen Ort der Sicherheit, auf die schirmende Wartburg.

Dasselbe Jahr, das den die europäische Welt erschütternden Anschlag der Thesen Luther’s an die Wittenberger Schloßkirche vernahm, bot Friedrich III. die deutsche Kaiserkrone; aber nicht er, sondern drei andere: Karl V. von Spanien, Enkel Kaiser Maximilian’s, Franz I. von Frankreich und Heinrich VIII. von England bewarben sich um diese Krone. Die beiden letzteren zumal boten reiche Erkenntlichkeit, doch wollten sie ihm, als dem würdigsten, gern nachstehen. Friedrich der weise fühlte – eben weil er der weise war – daß es besser und größer sei für das Heil des Vaterlandes, eine Kaiserkrone auszuschlagen, als sie anzunehmen; er lenkte zugleich von den nichtdeutschen Fürstenhäuptern die Wahl ab und dem Enkel des deutschen Maximilian zu, schuf aber auch, damit des Vaterlandes uralte Freiheit gewahrt und gesichert bleibe, die Wahlkapitulation zwischen dem Reich und dem Kaiser. Für die Freiheit der Nation, für die Freiheit des Geistes glühte Friedrich’s Herz; der Wahrheit, selbst der herben, war es zugänglich und offen; Luther schrieb ihm oft hart genug, und dennoch schützte er Luther und schätzte ihn hoch vor allen. Des Volkes Wohlfahrt strebte Friedrich III. im Bunde mit seinem trefflichen Bruder treulich an; achtunddreißig Jahre lang regierten sie in treubrüderlicher Liebe und Eintracht.

Den Lebensabend Kurfürst Friedrich III. zu Sachsen trübte noch der Ausbruch des Bauernkriegs, der herausfordernd die Fürstenmacht unter die Waffen rief. Tief fühlte der weise Herrscher, daß vielfach dem Volke zu wehe geschah und geschehen war, ja er hat dieß selbst ausgesprochen und noch in seinem letzten Willen befohlen, dem Beamtendruck zu steuern, so wie er im Verfahren gegen die Bauern zu möglichster Güte rieth. Leider vereitelte deren durch Volksverführer, wie Thomas Münzer, bis zur blutigen Gewaltthat aufgestachelte Wuth jeden Weg der Güte – doch sah Friedrich’s Auge nicht mehr die trüben Wolken und Wetter der Zeit, denn sanft schloß im Frühling des Aufruhrjahres sich dieses Auge, und der Fürst des Friedens ging auf Schloß Lochau (Annaburg) zum ewigen Frieden ein. Seine Ruhestätte ist in der Wittenberger Schloßkirche; Melanchton’s wahrheittreu nachrühmende Grabschrift ziert sie, und der Kranz von Friedrich des Weisen Nachruhm blüht unverwelklich.