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an Truppenzahl ihm weit überlegene Reichsarmee, mit der umsichtvollsten Tactik, unterstützte den Rückzug Friedrich’s II. nach Schlesien, wobei er das Hintertreffen befehligte und Sachsen sicherte, welchen Besitz Prinz Heinrich auch nach der Hand und nach Eröffnung des Feldzugs von 1759 behauptete. Als der König nach der Niederlage bei Kay am 28. Juni 1759 sich genöthigt sah, durch ein Heer die Mark Brandenburg zu decken, war es wieder Prinz Heinrich, der ihm 25 Schwadronen Reiter und 16 Bataillone Fußtruppen zuführte. Der König stellte sich an die Spitze dieser Truppen, und sein Bruder übernahm den Oberbefehl über die Armee, welche bisher der König befehligt hatte. Er führte nun, bald vertheidigend, bald zu rechter Zeit angreifend, einen Krieg, in dem er sein ganzes glänzendes Feldherrntalent entfaltete, und blieb auch nach der unheilvollen Schlacht bei Kunersdorf unentmuthigt, gewann durch strategische klug überlegte Operationen Zeit und mit dieser für den schwer durch sein Geschick niedergebeugten König alles, so daß alle Einsichtvollen dem Prinzen Heinrich willig das Verdienst zuerkannten, das Vaterland gerettet zu haben. Von diesem höchsten Ruhme, den ein Sterblicher erreichen kann, umglänzt, folgte Prinz Heinrich seinem erhabenen Berufe im Feldzuge von 1760 gemessenen Schrittes, in dem er meist vertheidigungsweise sich gegen die Russen in Schlesien, dann gegen das österreichische Heer in Sachsen verhielt, und erst 1762 zu Angriffen schritt, welche das Glück begünstigte. Der große Kriegsherr, der König selbst, zollte seinem Bruder die aufrichtigste, bewundernde Anerkennung, das höchste Lob, er nannte ihn den einzigen Feldherrn ohne Tadel in den bisherigen Kriegen, und so trug Prinz Heinrich nach dem Hubertusburger Friedensschluß seinen vollen Ruhmeskranz in glückliche Friedensjahre hinüber. Sein Rheinsberg wurde sein Musensitz und sein Tempel; wie aber nach dem Ausspruch jenes griechischen Weisen kein Mensch vor dem Tode glücklich gepriesen werden soll, so blieb es auch dem Prinzen nicht erspart, Dornen auf seinem Wege zu finden, denen kein großer und bedeutender Mann entgeht, selbst wenn sein Erdenloos ein seltenglückliches zu nennen ist. Prinz Heinrich sah sich durch Ränke und Kabalen unwürdiger Freunde in manche Verdrießlichkeit verwickelt, die in der Trennung von seiner Gemahlin und der Zerstörung seines Familienglücks ihr Endziel fanden. Nur Wissenschaft, Philosophie und Künste, darunter vornehmlich Malerei und Musik entschädigten theilweise für ein verlorenes Glück, und der für ideale Freundschaft schwärmende Sinn wußte für die entschwundene Liebe Ersatz zu gewinnen. Im Jahre 1770 besuchte Prinz Heinrich seine Schwester, Louise Ulrike, die Königin von Schweden, Gemahlin Friedrich’s von Holstein-Gottorp; empfing in Stockholm ehrenvolle Einladung der Kaiserin Katharina, und half auf diplomatischem Wege mit zur Theilung Polens, die ganz zur Zufriedenheit seines Bruders, des Königs, verunstaltet wurde. Als 1778 der bayerische Erbfolgekrieg ausbrach, eilte Prinz Heinrich wieder zu den Waffen, vereinigte sein Heer mit dem des Königs von Sachsen, rückte in Böhmen ein, wo er sich wegen Mangel an Lebensbedarf nicht auf die Dauer behaupten konnte, und half den Frieden von Teschen zu Stande bringen.

In geheimer diplomatischer Sendung, deren Zweck aber umschleiert blieb, reiste Prinz Heinrich von Preußen 1784 an den Hof zu Versailles. Preußen wollte sich gern mit Frankreich insgeheim gegen Oesterreich verbinden, aber es war dazu schon zu spät; der schwache König von Frankreich konnte bereits nicht mehr frei handeln, und seinem Kabinet mangelte so Einsicht, wie Thatkraft.

Mit dem 1786 erfolgten Tode König Friedrich II. schloß sich die staatsmännische Wirksamkeit des Prinzen Heinrich; er hatte nicht geringe Lust, aus manchen Gründen Preußen und Deutschland ganz zu verlassen, und sein Leben in Frankreich zu beschließen, für dessen Land, Volk und Sprache er die große Vorliebe mit seinem Bruder theilte, und ging wirklich 1788 nach Paris, von wo ihn aber bald der Ausbruch der Revolution wieder vertrieb. Der Prinz wählte nun sein schönes Rheinsberg zum dauernden Aufenthalt, gestaltete dieses Schloß zu einem Asyle der Musen, hielt sich fern von politischem Einfluß, und sah ungleich mehr mißbilligend als billigend die kriegerischen Bewegungen Preußens gegen Frankreich, denen seine Einsicht gute Erfolge nicht voraussagen konnte. Prinz Heinrich erlebte noch die verheißungreiche Thronbesteigung König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und beschloß sein Leben als ein Weiser, dem es vergönnt ward, auf seinen Lorbeeren ausruhend auf ein edles Leben voll Thatenglanz und auf die Uebung aller patriotischen Tugenden zurückzublicken.