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Andreas Gryphius.
Geb. d. 11. Oct. 1616, gest. d. 16. Juli 1664.


Der Vater des neuern deutschen Dramas gegenüber der uns von den Engländern überkommenen Volksbühne, schon als solcher des Namens würdig, den er als Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft führte: Der Unsterbliche. – Gryphius wurde als Sohn eines Archidiaconus zu Groß Glogau geboren, besuchte die Schule zu Görlitz, begann seine Studien zu Fraustadt und vollendete sie zu Breslau. Er hatte sich dem Rechtsfach gewidmet, fand aber, 1636 in die Heimath zurückgekehrt, nicht sofort eine geeignete Stellung, daher er die Stelle eines Informators bei dem Doctor Georg Schönborner, Herrn von Schönborn und Zinzendorf annahm. Dieser Prinzipal des jungen Rechtsgelehrten hatte eine gründliche Bildung genossen, war ein großer Verehrer der Wissenschaften, selbst Schriftsteller, Syndikus in Glogau und wurde Canzler des Grafen von Schafgotsch, ja kaiserlicher Rath und Fiscal; auch Pfalzgraf in Niederschlesien und der Lausitz. Ein solcher Mann konnte nur auf das anregendste und ermunterndste auf Gryphius einwirken, der sich bereits durch Sonette und andere lyrische Gedichte einen Namen gemacht hatte, und er förderte ihn in der That als ein wahrer Freund und Gönner. Kraft seines Amtes als Comes palatinus ernannte der Herr von Schönborn und Zinzendorf noch im letzten Jahre seines Lebens den von ihm geschätzten Hausgenossen zum Magister der freien Künste, krönte ihn zum Poeten, verlieh ihm den Adel und schuf ihm ein Wappen, doch hat der Dichter nie sein auf diesem Wege erlangtes Adelsdiplom geltend gemacht. Der Tod des Gönners und das vollendete Erziehergeschäft lösten Andreas Gryphius bisheriges Verhältniß, und er begab sich, von immer noch drohenden Kriegsgefahren umgeben, 1638 nach Danzig und von da nach Leiden, wo der berühmte Salmasius, Heinsius u. a. lehrten, wurde von diesen Männern freundlich und wohlwollend aufgenommen, und hielt 6 Jahre lang verschiedene wissenschaftliche Vorlesungen. Später begleitete er als Gesellschafter einige adelige Jünglinge auf Reisen, besuchte England und Frankreich, auch Italien, und nahm nach der Rückkehr eine Zeitlang Aufenthalt in Straßburg. Erst 1647 kehrte der vielgewanderte in seine Heimath zurück, wo