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Friedrich Wilhelm Herschel.
Geb. d. 15. Aug. 1733, gest. d. 25. Aug. 1822.


Herschel war einer der Lichtträger im Morgenrothe astronomischer Forschung und Wissenschaft, und sein Name überschwebte auf den Flügeln des Ruhmes den Erdkreis. Er wurde zu Hannover geboren, wo sein Vater als Musiker wirksam war. Der sinnige Knabe fand Gefallen an des Vaters treu geübter Kunst, lernte Klavier, Violine und Hoboe, neigte sich aber nicht minder dem Studium der französischen Sprache, der Logik, der Mathematik und Physik zu, in welchem ihm der Artelleriesecretair Hofschlaeger mit dem sehr unterrichteten Vater gemeinsam unterwies, und begann frühzeitig allerlei Werkzeuge für optischen und mathematischen Gebrauch selbst, wenn auch nur erst unvollkommen, zu gestalten, und so reifte er zum wohlgebildeten Jüngling heran, ohne noch für eine bestimmte Lebensrichtung in Kunst oder Wissenschaft sich entschieden zu haben, als die Bewegungen des siebenjährigen Krieges die Sorge der Aeltern mehrten. Da wurde von Wilhelm ein rascher Entschluß gefaßt; er trat mit dem Bruder gemeinschaftlich 1759 in das Hautboistencorps eines nach England bestimmten Regiments. So kam Herschel nach London; wer hätte in dem Bläser einer Hoboe auf dem Paradeplatz den Mann suchen sollen und finden wollen, der statt der Tuba des Kriegsgottes einst den Tubus Urania’s beherrschen werde? Das Schicksal führte Herschel erst durch irdische Labyrinthe, bevor es seinem Blick die ewigen des Firmamentes entriegelte. Der Bruder kehrte bald von London wieder heim; Wilhelm blieb hoffnungsvoll, immer noch im Glauben, die Musik werde sein Glück begründen. Er half fleißig Tanzmusik aufspielen gegen kargen Lohn, bis selbst dessen zum Leben zu wenig wurde. Nun verließ er London, bewarb sich um die Stelle eines Organisten in Halifax, ward geprüft, bestand über alle Erwartung, ward nun Organist und Musiklehrer und suchte sich einestheils in Erlernung fremder Sprachen, anderntheils als theoretischer Musiker fortzubilden, wo wieder die Harmonielehre es war, die so innig mit der Mathematik verwandt, aufs neue zu dieser hinlenkte, die Harmonie der irdischen Töne zur Harmonie der himmlischen Sphären, die wieder zur Optik hinwies, ohne deren Beihülfe die Wissenschaft der Astronomie nicht denkbar ist.