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Todtentanzalphabet, aber zu fabelhafter Seltenheit, in Deutschland wohl nur in wenigen Exemplaren vorhanden, erhebt sich der Katechismus des Erzbischofs Cranmer von Canterbury, des Begründers der anglikanischen Kirche, den Holbein ebenfalls mit Holzschnittbildern zierte. Außerdem werden ihm noch viele andere Folgen wie Einzelblätter dieses Kunstzweiges zugeschrieben, den er in Bezug auf Schönheit der Zeichnung und Feinheit des Schnittes auf die Stufe der Vollendung hob, und es ist kaum denkbar, daß der Meister ohne geistigen Antheil bei der technischen Behandlung dieser seiner unsterblichen Formschnittwerke geblieben sein sollte.

Was Holbein als Maler und vorzugsweise als Portraitmaler war und leistete, künden zahlreiche Gallerien Deutschlands und noch mehr Englands, wohin er sich begab, vom Grafen Arundel, britischen Gesandten zu Basel und von Erasmus an den Großkanzler Thomas Morus empfohlen. Durch diesen ward er dem König von England, Heinrich VIII. bekannt, der ihm seine ganze Neigung schenkte, und in dessen Gunst der Künstler sich dauernd zu erhalten verstand. Ein Lord wollte mit Ungestüm in Holbeins Atelier dringen, gegen den Willen des Künstlers, und dieser warf ihn die Treppe hinunter; als der Lord darüber Beschwerde führte, sagte Heinrich VIII.: »aus sieben Bauern kann ich sieben Lords machen, aber aus sieben Lords noch keinen Holbein.« Wenn diese Anekdote auch nicht wahr ist, so drückt sie doch eine allgemeine Wahrheit aus. Noch vor des Königs Tode und nach Vollendung trefflicher Gemälde reiste Holbein einmal nach Basel zurück, unterstützte reichlich seine Angehörigen, bewegte sich heiter im Kreise alter und neugewonnener Freunde, malte noch einiges und wandte sich dann wieder nach London, wo er noch bis zu seinem Tode unermüdlich thätig war. Die im Jahr 1554 in London ausgebrochene Pest raffte ihn hinweg, er wurde mit andern gleichzeitig an derselben verstorbenen eingescharrt, und als sein früherer Gönner, Graf Arundel, nach des großen deutschen Künstlers Grabe forschte, wußte niemand dieses ihm zu zeigen.

Als Maler steht Hans Holbein d. j. neben Albrecht Dürer; als Zeichner für den Formschnitt, oder wenn man will, als Formschneider – (schnitt Dürer selbst, so schnitt zuverlässig auch Holbein selbst, man muß nur nicht annehmen, daß diese Künstler alles und alles selbst geschnitten und gemalt haben, was ihnen zugeschrieben wird, denn wofür hätten sie denn ihre Schüler gehabt?) übertrifft ihn Dürer in der Großartigkeit und steht ihm nach in der Feinheit und Zierlichkeit. Holbein war ein treuer Jünger der Natur, ein Meister in Zeichnung und Farbengebung; aus seinen Bildnissen spricht richtige Auffassung und tiefe Lebenswahrheit. Es haben Einige Holbein den Makel eines sittenlosen Lebens anzudichten versucht; einen solchen Mann würde aber der sittenstrenge Thomas Morus nicht zwei Jahre lang in seinem Hause, im Schoose seiner Familie geduldet haben. Von den Todtentanzbildern haben kaum drei einen Anhauch von Frivolität, die Bibelbilder sind voll keuschen Ernstes. Deutschland darf stolz sein und bleiben auf seinen, in seiner Eigenthümlichkeit noch von keinem übertroffenen Hans Holbein.