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des jugendlichen Dichterkreises tief in sein Gemüth auf, verarbeitete sie zu seinen schönsten Dichtungen.

Hölty war von einfacher, fast schüchterner, wenig versprechender und wenig anziehender Persönlichkeit, eifrig, fleißig, neu- und wißbegierig, äußerst leselustig, und erwarb sich eine Fülle von Kenntnissen, vor allem aber war er ganz Dichter, nebenbei übersetzte er auch manches aus dem englischen; in mancher Dichtweise war er unübertrefflich, in der Ballade, die er wenig achtete, blieb er hinter andern zurück; einige seiner Balladen, wie »Adelstan und Röschen« und »die Nonne«, erscheinen heutiges Tages geradezu geschmacklos, aber es ging die damalige Balladendichtung, wie selbst jene von Bürger und den Stolbergen darthun, darauf aus, Schauer zu häufen, ohne sich viel um den ethischen Gehalt der dazu gebrauchten Mittel und Bilder zu kümmern. Hölty’s Triumph und Größe bestehen in der gefühlvollen Elegie, und in der gemüthvollen Erhebung. Sein Lied: »Wer wollte sich mit Grillen plagen«, dieser volle Gegensatz zu all den vielen Trauer- und Thränenliedern lebt unsterblich fort im Volksmund und sichert Hölty eine Ehrenstelle auch unter den deutschen Volksdichtern. Leider neigte sich des Dichters reines Leben früh zum Ende. Er war schon nicht völlig gesund zur Hochschule gekommen, und das erste Jahr auf derselben hatte ein anhaltender Husten mit Seitenstechen verbunden, getrübt; im letzten, in dessen Herbst er den abgehenden Freund Miller nach Leipzig begleitet hatte, stellte sich Bluthusten ein. Mit aller Freundeswärme rieth Voß einen Arzt zu Rathe zu ziehen, allein anfangs wollte Hölty, der sein Uebel für nicht bedeutend hielt, dieß nicht thun, bis endlich die Freunde vereint in ihn drangen. Der Ausspruch des Arztes war so, daß Hölty auf dem Rückwege von ihm – bitterlich weinte. Den Winter über wurde nun zwar eine Cur gebraucht, allein diese Jahreszeit ist für Brustleidende nicht die Hoffnung gebende, und der Frühling des Jahres 1775 brächte eine neue heftige Gemüthserschütterung, Hölty’s Vater starb, und er begab sich nun über Hannover nach Mariensee, wo er sich einer ärztlichen Cur unterzog, sich aber auch zugleich schmerzlich einsam fühlte, da sein für Freundschaft glühendes Gemüth dort den gewohnten Umgang schwer entbehrte. Ein Besuch bei Voß, der jetzt in Wandsbeck wohnte, war eine seiner letzten Lebensfreuden. Nachdem er sich 1778 nach Hannover begeben, nahm die floride Pytisis so schnell überhand, daß er schon am 1. September d. J., erst achtundzwanzig Jahre alt, endete.

Da der Dichter nicht selbst die Freude erlebt hatte, die vorbereitete Sammlung seiner Poesien erscheinen zu sehen, so unterzogen sich Freunde derselben; von diesen Freunden leistete aber ein gewisser Geißler jun. dem Verstorbenen einen schlimmen Dienst, indem er eine zusammengeraffte, mit vielem nicht ächten vermehrte Sammlung veranstaltete, dann aber gaben Friedrich Leopold, Graf von Stolberg und Heinrich Voß eine würdige und geläuterte Sammlung von Hölty’s Gedichten heraus, welche mehrere neue Auflagen erlebte. Auch der Wiener Nachdruck bemächtigte sich des empfindungsvollen Lieblingsdichters eines großen Theiles der deutschen Nation, doch in besserer als gewöhnlicher Weise, er veranstaltete eine Prachtausgabe.

Hölty’s früher Tod bewährte den Grundzug, der durch die meisten von Hölty’s Dichtungen schauert: Das Leben hat von der Jugend an nur Kampf zu bestehen mit feindlichen Gewalten, Liebe und Poesie nahen ihm schützend und tröstend – bis es dennoch früh im süßen Tode unterliegt.