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Immanuel Kant.
Geb. d. 22. April 1724, gest. d. 12. Febr. 1804.


Kant war einer der größten Denker Deutschlands, welcher in der Philosophie neue Bahn brach, eine neue Schule begründete, durch ein langes Leben hindurch seiner Wissenschaft mit unablässigem Fleiße treulich diente und sie in weiten Kreisen förderte.

Ein Riemermeister zu Königsberg in Preußen war Kant’s Vater; die Familie, welche sich Cant schrieb, war schottischen Ursprunges, die Mutter hatte eine sehr fromme Gemüthsrichtung und ihrem Wunsche war es wohl hauptsächlich zuzuschreiben, daß der Sohn sich der Theologie zu widmen Neigung zeigte, doch versäumte er neben der Dogmatik nicht die Philosophie, zu der es ihn am meisten hinzog, so wenig wie die humanistischen und mathematischen Studien.

Schon mit 22 Jahren trat der junge Philosoph mit einem Werke auf: »Von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte«, dem bald mehrere gediegene Abhandlungen folgten, und er hätte wohl am liebsten gleich die Laufbahn eines akademischen Lehrers begonnen; da aber die Umstände dieß nicht gestatteten, so bekleidete er nacheinander einige Stellen als Hauslehrer und benutzte die Musse seiner Freistunden zu immer tieferem Eindringen in seine Lieblingswissenschaft, die ihn freilich weit über die eingezogene und begrenzte Sphäre des Hofmeisterlebens hinaus trug. Endlich gelang es seinem fortgesetzten Eifer, die philosophische Magisterwürde im Jahre 1755 zu erlangen; fast gleichzeitig trat er mit seiner »allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels oder Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprunge des ganzen Weltgebäudes nach Newtonischen Grundsätzen abgehandelt« – auf, welches Werk er, damit es um so mehr Aufsehen errege, Friedrich dem Großen widmete. Es erregte aber keineswegs das gewünschte Aufsehen, denn der König las es nicht und das gelehrte Publikum las es eben so wenig, ein Schicksal, das nach dem bekannten Spruch bis auf den heutigen Tag gar viele Bücher haben, sie mögen Königen gewidmet sein oder nicht. Später deuteten andere Kants Forschungen und Ideen glückhaft aus, ohne daß der Philosoph ihnen deshalb zürnte.

Er las nun als Privatdocent an der Universität Königsberg über Logik, Metaphysik, Physik und Mathematik