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Moses Mendelssohn.
Geb. d. 9. Sept. 1729, gest. d. 4. Janr. 1786.


Philosoph und scharfsinniger Denker israelitischer Abkunft, Lessings Freund und durch sein Werk über die Unsterblichkeit der Seele selbst unsterblich im Gedächtniß der Nachwelt fortlebend. Moses Mendelssohn wurde in Dessau geboren, und zeichnete sich schon im zarten Alter durch mächtigen Wissenstrieb aus. Der Vater, ein Schreiber der Thora und anderer Gesetzesrollen, unterrichtete den Knaben selbst in der hebräischen Sprache, durch andere Lehrer wurde er mit dem Talmud, wie mit den Schriften des berühmten Rabbi Mosche ben Maimon (Maimonites) vertraut und steigerte seinen Fleiß bis zur krankhaften Nervenreizbarkeit, die ihm nachhaltig blieb und frühzeitig niederbeugte. Dazu kam des Mangels trübe Schule, die ihm nicht erlassen blieb; arm und dürftig ging er 1742 nach Berlin, nährte sich dort kümmerlich, verdiente sich mit Abschreiben seinen kärglichen Unterhalt, lernte dabei immer fort, und wurde durch die Bekanntschaften mit mehreren gelehrten Juden, des armen aber geist- und poesievollen Schulmeisters Israel Moses, des jungen jüdischen Arztes Kisch aus Prag und Baron Gumperg aus Berlin immer weiter gebracht, aufgemuntert und gefördert. So hatte sich Moses Mendelssohn endlich so viel Kenntnisse angeeignet, daß er nicht nur begabt mit Sprachkunde, sondern auch in der Mathematik und in Künsten, die den Kaufmann machen, die Stelle eines Erziehers im Hause des jüdischen Seidenfabrikanten Bernard übernehmen konnte. Sein Principal entdeckte mit Freude Mendelssohns gute Eigenschaften, seine Fähigkeit im rechnen, schönschreiben und buchhalten, und nahm ihn als Aufseher in sein bedeutendes Geschäft, in welchem Mendelssohn es bald zum Faktor brachte, bis des Geschickes Gunst den begabten Mann sogar zum Mitgenossen und Theilhaber des blühenden Geschäftes machte. Vom wichtigsten Einfluß auf Mendelssohns spätere Geistes- und Lebensrichtung war sein im Jahre 1754 erfolgtes bekanntwerden mit Lessing. Dieser wurde ihm anregendes Vorbild, auf Lessings Veranlassung schrieb Mendelssohn seine „Briefe über die Empfindungen“, welche Lessing sogleich drucken ließ. Nun war die Bahn gebrochen, Mendelssohn schrieb nun mehr, betheiligte sich an schönwissenschastlichen Unternehmungen,