Seite:Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen.pdf/262

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mehrere Bände des Theatrum Europaeum und Gottfried’s Vier Monarchien, wie dessen große Archontologica cosmica, meist Scenen und Schlachtstücke, dann die durch ihn vorzugsweise berühmt gewordenen Zeilerschen Topographien, welche Städte und Kirchen, Burgen und Schlösser in reicher Fülle darstellen, wodurch manches Bild erhalten wurde, dessen Urbild die Zeit zertrümmerte. Stets ist die Architektur, die Perspektive und der Horizont fleißig behandelt, in den Vorgründen und Landschaften ließ der Künstler häufig seine Phantasie walten und belebte erstere mit Geschöpfen der letzteren. Die Zeit, in welcher Merian so unerschöpflich thätig war, war die unruhe- und unheilvolle Zeit des dreißigjährigen Krieges, und es ist zu verwundern, daß mitten in ihren wilden Stürmen seine Kunst dennoch Boden gewann und ihn anständig nährte. Außer den Bildern zu den erwähnten Werken stach Merian noch Bilder zu mehreren andern Büchern, viele hundert Kupfer, und ließ in zusammenhängenden Folgen Prospekte von Gärten und Waldungen, Städten und Dörfern Deutschlands, Hollands und Frankreichs, schwäbische und Rheinlandschaften, Monat-, Tages- und Jahreszeitenbilder, zahlreiche Jagdstücke, den Basler Todtentanz, einige Bilderbibeln u. s. w. erscheinen. Von werthvolleren Einzelblättern sind die Bildnisse Gustav Adolph’s und seiner Gemahlin, Wallenstein’s, Josia’s, Grafen von Waldecks, Carl’s, Prinzen von Wallis, ein Abendmahl, sowie das eigene Bild des Künstlers bemerkenswerth. Von großem geschichtlichen Interesse sind zwei einzeln selten gewordene Blätter, die sich im Theatrum Europaeum befinden: Terzky’s Gastmahl und Wallenstein’s Ermordung. Man könnte Merian den Jost Ammon seiner Zeit nennen. Wie der letztere besaß er den unermüdlichsten Fleiß, wie derselbe war er vielseitig, wie Jost Ammon’s Grabstichel war Merian’s Nadel für das feine und zierliche, für die nette Ausführung und für das charakteristische bei Personen, Figuren und der Auffassung und Gruppirung ganzer Scenen.

Merian war von seinen Zeitgenossen allseits verehrt und hochgeschätzt; seine Arbeitlust und Arbeitausdauer verließen ihn erst gegen das Ende seiner irdischen Wallfahrt. In Schwalbach, wo er durch aufnehmen von Landschaften mit zuerst seine Künstlerlaufbahn begonnen, suchte er Hülfe gegen die sich anmeldende Schwäche, wurde aber dort vom Tod ereilt. Seine Leiche wurde nach Frankfurt geführt und dort am 22. Juni 1650 beerdigt. Mehrfach werden Geburts- und Todesjahr Merian’s unrichtig angegeben, ersteres 1593 statt 1595, letzteres 1651. Gleichzeitige Bildnisse haben 1595.

Merian hinterließ drei kunstbegabte Kinder; den Sohn gleichen Vornamens, der Sandrart’s Schüler wurde und voll Kunstbegeisterung war. Auch er war, wie der Vater, Maler, Stecher und Kunsthändler zugleich – und die Tochter Maria Sibylla, die berühmte Blumen-, Muschel- und Insektenmalerin und -Stecherin, welche die Liebe zu diesem Zweige der Kunst bis nach Surinam führte – und endlich noch einen Sohn, Caspar, der auch die Kupferstecherkunst übte, doch mit minder hervorragender Meisterschaft, wie Vater, Bruder und Schwester.