Einer der berühmten Theologen, die am großen Werke
der Reformation eifrig arbeiteten und ihren Bau förderten.
Des Vaters Name war Hausschein, der
Geburtsort Weinsberg. Die Familie stammte aus
der Schweiz, doch ist der Stand oder das Geschäft
des Vaters dieses Mannes nicht bekannt geworden.
Der Knabe Johann wurde für den Kaufmannstand bestimmt,
indeß zeigte er so entschiedene Anlagen für ein
höheres wissenschaftliches Studium, daß man ihn, zumal
er der einzige Sohn war, gern die mit Vorliebe erwählte
Bahn wandeln ließ. Er wurde zu seiner Ausbildung
auf die Schule des nahen Heilbronn geschickt,
und begann dann seine weiteren Studien zu Heidelberg,
wo er schon im 14. Jahre das Baccalaureat erwarb.
Wieder aber wurde eine falsche Richtung eingeschlagen:
der junge Studiosus widmete sich, nach des Vaters
Wunsche, der Rechtswissenschaft, und begab sich nach
Bologna, wo jedoch Klima und sonstige Hemmnisse
ihm entgegen traten, so daß er bald wieder nach der
Heimath zurückkam, und nun mit Eifer sich auf die
Wissenschaft der Theologie warf. Es glückte ihm, eine
Prinzeninstructorstelle zu erhalten, und er benutzte die
ihm auf der Hochschule Tübingen und später in Stuttgart
bei Reuchlin vergönnte Musse, gründlich griechisch
zu lernen; nebenbei nahm er bei einem Spanier im
hebräischen Unterricht. In dieser Zeit knüpfte Oekolampadius
ein Freundschaftsband mit Wolfgang Kapito,
der in Bruchsal Prediger war, und wurde darauf eine
Zeitlang Prediger in seinem durch die Weibertreue so
berühmt gewordenen Heimathstädtchen. Oekolampadius
war auch theologisch-dramatischer Dichter; er arbeitete
geistliche Tragödien aus, jedenfalls Nachhalle der beliebten
Spiele alter Zeit, um welche aber, wie es scheint,
die deutsche dramatische Literatur gekommen ist. Im
Jahre 1515 verließ Oekolampadius sein Weinsberger
Pfarramt und begab sich nach Basel, wo er durch Kapito’s
Empfehlung Prediger an der Hauptkirche wurde,
und mit Erasmus Freundschaft schloß, dem er bei dessen
Herausgabe des neuen Testamentes Hülfe leistete. Im
folgenden Jahre erhielt Oekolampadius einen Ruf als
Prediger nach Augsburg, und gab sich einem beschaulichen
Stillleben mit ununterbrochenen theologischen
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/283&oldid=- (Version vom 14.9.2022)