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Andreas Osiander, der ältere.
Geb. d. 18. Dez. 1498, gest. d. 17. Oct. 1552.


Kraftvolles Rüstzeug der Reformation, ausgestattet mit Muth und Feuer und nie ermüdendem Eifer, dabei aber nicht frei von Irrthum, doch auch im Irrthum fest und beharrlich.

Osiander grüßte das Licht des Tages zu Gunzenhausen im Ansbachischen; der Vater, ein Schmied, hieß Hofmann, welchen Namen der gelehrte Sohn später nach der Zeitsitte vergriechischte. Der junge Hofmann begab sich auf die Hochschulen zu Ingolstadt und Wittenberg, und führte das Leben eines für sich Studirenden. In den engern Kreis der befreundeten Genossenschaft Luther’s scheint Osiander zu Wittenberg vorerst nicht eingetreten zu sein, jedenfalls aber blieb er Luther nicht unbekannt, da er dessen Lehre begeistert annahm und von der Vorsehung berufen ward, mitten im Herzen Deutschlands das Banner der Reformation aufzupflanzen und für dasselbe zu streiten. Dieses Herz war die freie Reichsstadt Nürnberg, vorleuchtend in der Wissenschaft, gefürstet gleichsam durch die Kunst, ein Emporium des bewegenden, lebendig fortschreitenden Geistes, auf welche Luther gar hohen Werth legte, indem er Nürnberg mit der Sonne verglich, die über Mond und Sternen leuchte, und es nicht minder das Auge und Ohr Deutschlands nannte. Osiander wandte sich nach Nürnberg, wurde mit 22 Jahren schon Lehrer der Theologie und Mathematik am Augustinerkloster daselbst, trat zugleich dort als der erste auf, welcher die hebräische Sprache lehrte, und dann wurde er 1522 der erste lutherische Prediger der freien Reichsstadt, in welchem Jahre er in der St. Lorenzkirche am 23. Febr. zum erstenmale evangelisch predigte. Dieses Predigtamt bekleidete Osiander mit Eifer und Treue bis zum Jahre 1548 und war während dessen Führung in ungemein wichtigen Kirchenangelegenheiten fördernd und helfend thätig. Daß Osiander gleich beim Antritt seines Pfarramts von den Mönchen, welche der Neuerung entgegen waren, heftig befehdet wurde, lag in der Natur der Sache, aber Osiander bekämpfte und besiegte sie in öffentlichen Disputationen. Nürnberg war für die Reformation der gedeihlichste Boden; Männer wie Dürer und Pirkheimer, Spengler und Scheurlin, Hans Sachs und Eoban Heß waren dort