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Johann Reuchlin.
Geb. d. 28. Dez. 1455, gest. d. 30. Juni 1522.


Reuchlin’s gefeierter Name steht mit in der vordersten Reihe derjenigen seiner Zeitgenossen, die sich um Aufklärung, Wissenschaft und Verbreitung des Lichtes der Reformation unsterbliche Verdienste erwarben. Reuchlin wurde in Pforzheim geboren, derselben Stadt, welche auch die Reformatorengenossen Johann Schwebel, Bartholomäus Westhemer, Adam Frey, Nikolaus Gerbel und Christoph Wertwein in ihrem Schosse erstehen sah. Reuchlin, ein Sohn nicht ganz unbemittelter Aeltern, wurde früh zur Schule in Schlettstädt geführt und zeigte die günstigsten Anlagen, so daß er, unterstützt vom Markgrafen Karl von Baden, mit dessen Sohne Friedrich schon 1473 die Hochschule Paris beziehen konnte, welche damals vor allen andern europäischen Schulen blühte. Dort legte Reuchlin den Grund zu seinem tiefen Wissen und zu der umfassenden Kenntniß der alten Sprachen und klassischen Literatur, durch die er sich so hohen Ruhm erwarb. Unter den Lehrern Reuchlin’s war Johann Wessel, einer der geistbegabtesten Vorläufer der Reformation, von wesentlichem Einfluß aus Bildung und Richtung des jungen Studirenden. Im Jahre 1475 kehrte Reuchlin mit dem Prinzen zurück, begab sich nach Basel und lehrte dort, einige Jahre, bis er wieder nach Frankreich reiste und in Orleans die Rechte studirte, während er fortfuhr, die alten Sprachen zu lehren. Schon hatte er ein kurzes lateinisches Lexikon, das er Breviloquus nannte, verfaßt, jetzt schrieb er die erste griechische Sprachlehre unter dem Titel Mikropädie, und wurde Doctor juris, worauf er nach Deutschland zurückkehrte, sich in Tübingen niederließ, sich dort verheiratete und als Anwalt zu practiciren begann. Allein weder ein ruhiges academisches Lehrerleben in beglückter friedlicher Häuslichkeit, noch die in begrenzten Kreisen sich bewegende Thätigkeit des praktischen Juristen war Reuchlin beschieden. Im Jahre 1487 folgte er dem Herzog von Würtemberg, Eberhard im Bart, nach Rom und machte auf dieser Reise die anziehendsten Gelehrtenbekanntschaften. Er versah die Stelle des Orators seines Landesherrn, der ihn nach der Rückkehr mit wichtigen Sendungen betraute, deren eine an Kaiser Friedrich III. nach Linz ihm den Pfalzgrafentitel und das Adelsdiplom