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Jean Paul Friedrich Richter.
Geb. d. 21. März 1763, gest. d. 14. Nov. 1825.


Deutschlands begabtester und fruchtbarster Dichter auf einem Gebiete, für welches der deutschen Sprache der rechte Ausdruck mangelt, denn Laune, scherzhafte Gemüthsart u. dgl. übersetzen nicht genügend das tiefdeutungvolle Wort Humor. Wunsiedel im Fichtelgebirge war Jean Paul’s, (wie dieser Dichter sich gewöhnlich nannte) Geburtsort, der Vater war Lehrer an der Schule des Städtchens und erlangte später eine kleine Pfarrstelle im Dorfe Jodiz, welche er nachher mit einer andern im Marktflecken Schwarzenbach an der Saale vertauschte. Der junge Sohn war sich viel selbst überlassen, entwickelte sich zeitig und baute sich eine innere Welt voll Gedanken, ebenso eignete er sich durch lesen allmählich eine Fülle von Kenntnissen an, die er in späteren Jahren gut zu benutzen verstand. Auszüge aus Schriften zu machen, gewährte ihm durch sein ganzes Leben eine eigenthümliche Freude, die bei einem so selbstschöpferischen Geist, wie der Jean Paul’s war, nebst seiner Neigung für einen sorglich registrirten Zettelkram mit Namen, Nummern und Notizen eigentlich als ein psychologisches Räthsel erscheint. So bildete Jean Paul sich neben gut benutztem Schulunterricht zum vielwissenden bewandertsein in allen möglichen Fächern, ohne doch je irgend ein anderes Fach als das der phantasievoll schaffenden Poesie zu ergreifen. Von dem Gymnasium zu Hof zog Jean Paul schon im siebzehnten Jahre auf die Hochschule zu Leipzig, wo er, nach des Vaters Wunsche, Theologie studiren sollte, aber diese nicht studirte, wie sehr einen andern der Mangel an Mitteln nach einem sichern Brodstudium hingedrängt hätte. In dem jugendlichen Dichtergeist waltete, vielleicht mit vom Druck der Armuth erzeugt, die Neigung zur Satyre vor, und er goß deren ganze Fülle und Schärfe in dem Buche: »Grönländische Processe« aus, wie nicht minder später, als er in Leipzig sich nicht zu halten vermochte, und sich wieder nach Hof und dann nach Schwarzenbach zurück begab, in der »Auswahl aus des Teufels Papieren«. Beide Bücher waren noch von wenig Erfolg begleitet; der satyrische Dichter ist selten willkommen, die Satyre ist den Leuten sehr unbequem, indem sie sticht und beißt. Zudem liebte der junge Poet sehr das formlose, und