Ein echter Jünger der Religion der Liebe war Salzmann,
der Sohn eines Predigers zu Sömmerda an
der Unstrut, also ein Thüringer von Geburt. Später
zog der Vater mit ihm nach Erfurt. Dort empfing
der Knabe den ersten Unterricht, welchen er hernach
auf der Schule zu Langensalza fortsetzte, worauf er in
Jena Theologie studierte. So ging sein Jugendleben
einen geräuschlos stillen, frommen Gang. Er erhielt
ein Pfarramt auf dem Dorfe Rohrborn bei Erfurt im
Jahre 1763 und verheirathete sich mit der Tochter
eines benachbarten Predigers. In der Sphäre seines
Wirkens kamen ihm häufig Gedanken über die Mittel
und Wege, einen großen Theil der in sittliches Elend
versunkenen Menschheit dieser Noth durch eine bessere
Erziehung zu entreissen, und er begann in Rohrborn,
wie auch später in Erfurt, wohin er 1772 als Diaconus
an der Andreaskirche berufen wurde, die Ausarbeitung
mehrer dahin zielenden Schriften, welche den
Beifall der Verständigen fanden, bei manchen minder
Einsichtvollen hingegen auch Mißfallen erregten. Zu
den ersteren gehörte namentlich der Statthalter von Erfurt,
Coadjutor Freiherr von Dalberg, und die Leiter des
von Basedow in Dessau begründeten Philanthropins.
Salzmann’s Schriften, besonders seine „Unterhaltungen
für Kinder und Kinderfreunde“, und das „Krebsbüchlein
oder Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung
der Kinder“, das mit treffender Satire und schneidender
Schärfe die bisherigen Erziehungsweisen geißelte,
ließen jene Männer in dem jungen pädagogischen Schriftsteller
einen für das Philanthropin höchst brauchbaren
Mann erkennen. Salzmann folgte freudig dem an ihn
ergangenen ehrenvollen Rufe, da er sich in Erfurt verkannt
und verketzert sah, und wirkte in Dessau von
1781 als Religionslehrer und Liturg eine Zeitlang mit
Erfolg und Segen. Indessen fand er dort auch manches,
das ihm minder zusagte, und nährte im Stillen
den Gedanken, sich selbst einen eigenen Wirkungskreis
für seine Ideen und Erziehungspläne zu schaffen. Um
ihn auszuführen, verließ Salzmann 1784 Dessau, und
begründete, von dem Herzog Ernst zu Sachsen-Gotha
unterstützt, die Erziehungsanstalt Schnepfenthal zwischen
Waltershausen und Reinhardsbrunn, in glücklicher
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/317&oldid=- (Version vom 14.9.2022)