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Johann Christoph Friedrich von Schiller.
Geb. d. 10. Nov. 1759, gest. d. 9. Mai 1805.


Neben Goethe Deutschlands gefeiertster Dichter, ja lange Zeit von einer großen Anzahl Verehrer und Bewunderer noch über jenen Heros der deutschen Nation gestellt. Im kleinen schwäbischen Städtchen Marbach stand Schiller’s älterliches Haus. Der Vater war praktischer Wundarzt, wurde Militärchirurg und brachte es zu Ende des siebenjährigen Krieges bis zum Hauptmann. Die Mutter war eine stille fromme Frau, von poetischer Begabung, die sich namentlich auf den Sohn und dessen ältere Schwester Christophine, später Gattin und Witwe des Hofrath und Bibliothekar Reinwald in Meiningen, vererbte, und im Sohne als herrlichste Flamme des Genius emporschlug. Von Marbach zogen die Aeltern mit den Kindern nach Lorch, von da wurde der Vater nach Ludwigslust versetzt, wo der Herzog Karl von Würtemberg den Knaben, welcher sich dem geistlichen Stande widmen wollte und sollte, für seine militärische Pflanzschule, die Karlsacademie bestimmte. In dieser fühlte sich der junge Schiller nicht heimisch, schwankte in der Wahl des künftiges Berufes, wollte erst Jurist werden, griff dann zum Studium der Medicin und kämpfte den bittern Kampf eines Gemüthes durch, das aus Lieblingsplänen gerissen, seine Lebenslaufbahn als eine verfehlte betrachten muß. Zum Glück drangen Bücher in den abgeschlossenen Kreis der Karlsschule, gleich zündenden Strahlen und befruchtenden Blitzen, und regten den Jüngling mächtig zu eigenen dichterischen Versuchen an. Schiller vollendete indessen mit Ernst seine medicinischen Studien, und wurde Regimentsarzt, blieb aber dabei im lebhaften Verkehr mit den Freunden auf der Karlsschule, schrieb zahlreiche Gedichte und vollendete die schon auf der Karlsschule begonnenen Räuber, dies titanische Werk eines freiheitsprudelnden Jünglingsgeistes, der in einem Spiegelbilde seiner eigenen Natur alle Bande der Gesellschaft sprengte. Das Stück machte ungeheures Aufsehen, Freiherr von Dalberg, der einsichtsvolle Direktor der Mannheimer Hofbühne, bewirkte die Aufführung desselben und Schiller begab sich heimlich, ohne Urlaub nach Mannheim, derselben beizuwohnen. Die Aufnahme war glänzend, das Stück schuf dem Dichter Freude und Ruhm, aber auch Weh und Leid.