Seite:Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen.pdf/34

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und von ihnen gelernt; wundersame Heilmittel des Orients hatte er gesammelt, manches Geheimniß erlauscht oder erkauft, und so ausgerüstet kehrte er mit 28 Jahren nach der Heimath zurück und schlug nun in Basel seinen Wohnsitz auf, wurde Magister und Professor der Medicin und lehrte an der dortigen Hochschule, nebenbei erwarb er sich bald Ruf und Ansehen durch die glücklichsten Kuren selbst verzweifelter Krankheiten. Das weckte naturgemäß den Neid seiner ärztlichen Kollegen. Paracelsus mußte verschrieen werden und ward es lege artis. Er lebte gut und glänzend, folglich mußte er Gold machen können, den Stein der Weisen besitzen; er vollbrachte Wundercuren, folglich mußte er ein Teufelsbündner sein. Er wußte in seinen Vorträgen tausend neue vorher unbekannte Heilmittel zu nennen, mancher Krankheit neue Namen zu geben, Worte zu gebrauchen, die man vorher noch nicht vernommen; folglich mußte sein Latein barbarisch sein und insofern, daß der Wortschatz der alten Klassiker ihm nicht ausreichte, ist es freilich barbarisch. Den schlimmsten Verstoß gegen den Schlendrian des Herkömmlichen beging aber Paracelsus dadurch, daß er begann, seine Vorträge in deutscher Sprache zu halten, das war kaum erhört und erschien ganz unverzeihlich. Endlich fand sich ein Anlaß, den Verhaßten aus Basel fortzubringen. Ein Kanonikus, Cornelius von Lichtenberg, lag, von allen Aerzten aufgegeben, am Tode und verhieß dem Retter und Helfer 100 Goldgulden. Paracelsus gab ihm nur drei vergoldete Pillen, und jener genaß. Karg und undankbar weigerte der Genesene die verheißene Belohnung, und auch die Richter sprachen sie dem großen Heilkünstler ab. Da schüttelte Paracelsus den Staub von Basel von seinen Schuhen, wandte sich in das Elsaß, durchzog auf mancher Wanderung Süddeutschland, verkehrte viel mit dem Volke, half ihm und lernte von ihm, und weil er dieses Volk nicht in den Prunksälen der Großen fand, so erwuchs ihm der Vorwurf, daß er in Schänken sich umhertreibe und viel zeche, ja es ward ihm Schuld gegeben, daß er seinem Famulus Johann Oporin seine Werke im Rausche dictirt habe. Freilich vielleicht im Rausche, aber nicht im gemeinen, sondern in der Göttertrunkenheit mystischer, übersinnlicher Anschauungen, innerer Offenbarungen, welche der große Haufe nicht verstand, noch weniger zu würdigen verstand. Ein Trunkenbold schreibt nicht, wie Paracelsus gethan, so viele Schriften und gelehrte Abhandlungen aus dem mannichfachen Gebiete der Philosophie, Arzneiwissenschaft, Staatswissenschaft, Mathematik und spagyrischen Weisheit – als ein Jahr Tage zählt – ein gemeiner Trunkenbold sieht nicht, wie Paracelsus sah, gleich ahnungsvoll und weise im großen Kosmos des Alls die wirkende, lebende Seele der Gottheit im ewigen Schaffen thätig. Wessen vom Genius tieferer Forschung wach geküßtes Auge es vermag, in Paracelsus dunkeln, vom Nebelwust alchymistisch-kabbalistisch-theosophisch-astrologischer Wundersprache umhüllten Schriften zwischen den Zeilen zu lesen, der wird den Geist klar erkennen, den drei Jahrhunderte verkannt haben. Paracelsus beschloß sein merkwürdiges Leben in Salzburg; dort, wie in Wien, gehen noch Sagen von ihm im Volke, dort schmückt sein Bildniß noch das Haus, wo er wohnte, dort wird noch sein Schädel gezeigt. Er, der so lange ruhelos umher gepilgert, fand die Ruhestätte auf dem Kirchhofe des St. Sebastian-Hospitals. Der Erzbischof selbst ließ ihm ein ehrendes Denkmal errichten, das seine Wissenschaft als Arzt rühmte, wie seine Wohlthätigkeit gegen die Armen. Außer seinen in 3 Folianten gesammelten Werken hat man von Paracelsus auch Medaillen mit Zauberquadraten und Planetenbildern, die allzumal auf höheres, als aus einen Quacksalber hindeuten. Ob er selbst sich den langen seltsamen Namen beilegte, und warum er Bombast von Hohenheim genannt ward, ist dunkel, bekannt aber, daß schwülstige Sprech- und Schreibweise nach ihm mit dem Ausdruck Bombast bezeichnet wurde. Sein Leben und seine Lehren geben viele Räthsel auf; vielleicht findet sich einst der Kundige, der sie befriedigend löst.