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Johann Sleidan.
Geb. d. 1506, gest. d. 31. Oct. 1556.


Ein Historiker, der zu seiner Zeit Epoche machte, und vielfach als solcher gepriesen wurde, obschon ihm auch der Tadel nicht fern blieb. Johann Philipson, dieß war sein eigentlicher Vor- und Zuname, wurde im Oertchen Sleida in der Grafschaft Manderscheid geboren, und widmete sich, herangewachsen, rechtswissenschaftlichen und humanistischen Studien, die er auf den hohen Schulen zu Lüttich, Cöln und Löwen betrieb. Nachdem ihm über den jungen Grafen Dietrich von Manderscheid eine Hofmeisterstelle anvertraut war, führte er diesen seinen Zögling nach Paris und von da nach Orleans, und benutzte seine günstige Stellung, sich immer mehr auszubilden und mit Kenntnissen zu bereichern. In Orleans, wo er 3 Jahre studirte, erwarb der nach seinem kleinen Geburtsort sich fortan nennende junge Gelehrte den Grad eines Licentiaten der Rechtsgelehrsamkeit, und kehrte darauf nach Paris zurück, wo einflußreiche Gönner ihn förderten, unter denen der berühmte Sturmius und Cardinal Bellai die bedeutendsten waren. Er durfte den französischen Gesandten gleichsam als Attaché zum Reichstag nach Hagenau begleiten. Nach längerem Aufenthalt in Frankreich, wohin König Franz I. ihn wieder zurückberufen, hatte, kehrte Sleidan nach Deutschland zurück, weil er sich wegen der in Frankreich ausgebrochenen Religionsverfolgungen dort nicht mehr sicher glaubte, da er den reformatorischen Bewegungen in seiner Heimath mit Antheil zugewendet blieb. In Deutschland hatte bereits der schmalkaldische Krieg begonnen, und die Kriegsherren desselben erachteten für wohlgethan, neben der Waffe von Eisen auch der Waffe der Feder den Feinden gegenüber sich zu bedienen, und ernannten Sleidan, der sich schon durch mehrere beifallwerthe Schriften ausgezeichnet hatte, zu ihrem Geschichtschreiber. Sein bekanntes Buch von den vier Monarchien, das durch viele Auflagen in zahllosen Exemplaren deutsch und lateinisch verbreitet war, galt seiner Zeit als ein Muster der Geschichtschreibung. Es war Ton und üble Sitte der Zeit geworden, daß die erbitterten Gegner auf dem kirchlich politischen Gebiete sich in Schriften und Gegenschriften auf das allerheftigste befehdeten, alle Schmach und allen nur erdenklichen Schimpf gegenseitig