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demselben Jahre die Stellung eines Secretairs bei dem Gesandten an, und blieb in derselben einige Jahre. In dieser Zeit lernte Spalding Gleim und Kleist kennen, schloß Freundschaft mit dem Hofprediger Sack, und benutzte seine Mußestunden zu literarischen Arbeiten, meist Übersetzungen aus dem französischen und englischen, und behielt trotz der veränderten Laufbahn seinen wahren innern Beruf und den Wunsch nach einer Predigerstelle fest im Auge. Im Frühling 1747 ging Spalding noch einmal zur Unterstützung seines kränkelnden Vaters in die Heimath zurück, und wurde 1749 Pfarrer zu Lassahn in Schwedisch-Pommern. Dort begann nun seine segensreiche Laufbahn als Kanzelredner und Religionslehrer und neben häuslichem Wohlbefinden in glücklicher Ehe das innere Glück, das treue Uebung eines selbsterwählten Berufes gewährt. Im Jahr 1757 erfolgte eine Versetzung nach Barth, wo Spalding erster Prediger und Probst der dort abgehaltenen Synode wurde. Das häusliche Glück Spalding’s zertrümmerte leider der im Jahre 1762 erfolgte Tod seiner zärtlich geliebten Gattin, doch traten im Frühling des folgenden Jahres zerstreuend und anregend die befreundeten Schweizer Johann Kaspar Lavater, Heinrich Füßly, und Felir Heß aus Zürich in Spalding’s verödetes Haus, wo sie herzliche gastliche Aufnahme fanden.

Das Jahr 1767 brächte Spalding den Ruf nach Berlin als Oberkonsistorialrath, Probst und Pastor Primarius an der Nikolaikirche, an welcher er nun, zum zweiten male glücklich vermählt, lange eine segensreiche Wirksamkeit übte, die sich auch auf Verbesserung des Zustandes der Gymnasien erstreckte, und nach manch anderer Richtung hin zu wichtiger Amtsthätigkeit führte, mit der sein Wirken als Kanzelredner und theologischer Schriftsteller fortdauernd Hand in Hand ging. Er verfaßte zahlreiche Schriften, gab wiederholt Predigten heraus, nahm Theil an der Verbesserung des Gesangbuches und der Liturgie, und war der gelobteste, gefeiertste Prediger Berlins, indem er voll einfacher Anmuth der Rede, voll Wohllaut der Sprache, voll Verständlichkeit seines zu Herzen dringenden Ausdrucks alle Hörer gewann und fesselte, und sie mit sanfter Wärme zu dem erkennen der erhabenen Wahrheiten der christlichen Religion hinleitete, sie zu heben, ja zu begeistern verstand, was von vielen, die ihm nachfolgten und ihn sich zum Muster nahmen, wohl im gleichen Grade später nur der Bischof Dräseke wieder erreichte. Spalding hatte das Unglück, auch die zweite, geliebte Gattin zu verlieren, und das Glück, in einer dritten Ehe, die er 1775 schloß, abermals eine liebevoll teilnehmende und sorglich um ihn bemühte Lebensgefährtin zu finden.

Als König Friedrich II. gestorben war, und unter dessen Nachfolger das berüchtigte Wöllner’sche Religionsedikt erschien, legte Spalding seine Propststelle und die mit derselben vielfach verbundenen Geschäfte nieder, zumal sich auch allmählig eine Abnahme seiner Kräfte einstellte, welche sich nach und nach mehrte, doch blieben ihm manche Freuden des Lebens noch vergönnt, bis ein sanfter Tod ihn aus dieser Zeitlichkeit abrief. Alle Zeitgenossen, die ihn persönlich gekannt, vereinigten sich in Spalding’s anerkennendem Lobe der Erfüllung seines Berufes als Geistlicher im ächtesten, höchsten Sinne dieses Wortes, seiner lautern, überzeugungvollen Beredsamkeit, seiner ungeheuchelten Gottesfurcht, wie auch seiner unerschrockenen Freimüthigkeit. Ebenso ließen alle Einsichtvollen Spalding’s Schriften die vollste Gerechtigkeit widerfahren. Er leuchtete seiner Zeit vor als ein Muster correcten Styls und Ausdrucks, weil er sich selbst durch vieles lesen gediegener Schriften ausgebildet hatte. Das geistige Princip, das durch alle weht, ist Wahrheit und Schönheit.