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Heinr. Friedr. Carl, Freiherr vom und zum Stein.
Geb. d. 25. Oct. 1757, gest. 29. Juli 1831.


Dieser hochberühmte Staatsmann, dem Deutschland unendlich viel schuldet und dessen Andenken ein dauernd gesichertes ist, wurde zu Nassau geboren, und widmete sich in Göttingen staatswissenschaftlichen Studien. Nach der Rückkehr von der Universität fand der äußerst befähigte junge Mann, der einer der ältesten und angesehensten Familien angehörte, bald eine Anstellung als preußischer Bergrath, 1793 als Kammerpräsident in Westphalen, in welcher Stellung er sich unter anderm durch bedeutende Straßenbauten große Verdienste erwarb. Als der Minister Struensee mit Tode abgegangen war, erhielt v. Stein das Ministerium über die Abtheilung des Zoll-, Accise-, Steuer- und Fabrikwesens, welches ihm aber manchen Verdruß und manche Reibung zuzog, die sein von Natur heftig angelegter Charakter ihn nicht ertragen ließ, und da er den Schutz nicht fand, den die Lenker an den Spitzen der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung für die Ausführung ihrer Anordnungen haben müssen, so begehrte er im Januar 1807 seinen Abschied, der ihm auch in nichts weniger als gnädigen Ausdrücken ertheilt wurde.

Freiherr vom Stein zog sich auf seine Güter zurück, während Deutschland und zumal Preußen in trauervoller Erniedrigung von der napoleonischen Herrschaft gehalten und geknechtet wurde. Wohl fühlte man, wie sehr die rechten Männer fehlten, den ganz niedergedrückten Volksgeist wieder zu beleben, und wie sehr es Noth thue, durch wohl überdachte Einrichtungen eine Aenderung der Dinge vorzubereiten. Freiherr vom Stein war ein solcher Mann im höchsten Sinne des Wortes, Preußen rief ihn zurück, und er bewirkte eine Umgestaltung des verwaltenden Staatswesens, die sich von den nachhaltigsten nützlichen Folgen zeigte, während Scharnhorst in der Stille und in verwandter Weise die Umgestaltung des preußischen Heerwesens vorbereitete und bewirken half. Es waren tiefeingreifende Veränderungen, welche v. Stein anbahnte, sie fanden auch nicht gleich allgemeine Anerkennung und Billigung, am wenigsten bei v. Stein’s Standesgenossen, beim höhern und niedern Adel, denn nach einem Edict vom 9. Oct. 1807 wurde dem Adel das vorher ausschließliche Recht auf den Besitz von Rittergütern entzogen, auch der Bürger und Bauer durften nun Rittergutsbesitzer