Seite:Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen.pdf/368

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die Irrthümer anzutasten, in denen seine Zeit noch befangen war. Der gräßlichste dieser Irrthümer war der Glaube an den Teufel und an Hexerei, dem mit der empörendsten Freude der Juristen an Menschenquälerei und Mord zahllose Menschen zum Opfer gebracht wurden. Hatte Thomasius in letzterer Beziehung schon einen Vorgänger, den frommen Jesuiten Spee gehabt, so hatte er doch mehr Anlaß und ein weiteres Feld, erfolgreich gegen den entsetzlichen Wahnsinn der Zeit zu kämpfen, dennoch aber ward er in Leipzig gleichsam ausgebissen, denn er war nicht groß und geistesmächtig genug, den Gegnern gar keine Blöße zu bieten, und wagte sich zumal vom rein philosophischen und juridischen auch auf das theologische Gebiet, aun dem die Phalanx der Gegner zu stark und seine wissenschaftliche Kraft zu schwach war, um lang dauernde Kämpfe siegreich zu bestehen.

Thomasius verließ Leipzig und ging nach Berlin, wo er sich vom Kurfürst Friedrich III., hernach König Friedrich I. in Preußen, sehr ehrenvoll ausgenommen sah. Der König ernannte ihn zum Rath mir 500 Thalern Gehalt und zum Professor in Halle. Dort waren die Vorlesungen des berühmten Thomasius so sehr besucht, daß der einflußreiche Minister Dunkelmann dem Könige rieth, die in Halle bestehende, vom großen Kurfürsten eingerichtete Ritterakademie zu einer Hochschule zu erheben. Dies geschah 1694, Halle wurde Universität und Thomasius erhielt an ihr die zweite Professur der Jurisprudenz, später wurde ihm die Oberleitung der ganzen Universität mit Rang und Titel eines Geheimeraths übertragen. Auch der herrliche August Hermann Franke fand als Professor der Theologie dort neben dem Freunde bleibenden Wohnsitz, und beide wirkten vereint für Förderung des Menschenwohles und geläuterter Wissenschaftlichkeit bis zu ihrem Tode. Zahlreich sind Thomasius Schriften, ob schon nicht alle von gleichem Werth, die Mehrzahl ist vergessen, aber Thomasius Name klingt ruhm- und ehrenvoll durch die Jahrhunderte und bleibt der Nachwelt unvergessen.