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Johann Gottlob Immanuel Breitkopf.
Geb. d. 23. Nov. 1719, gest. d. 28. Jan. 1794.


Ein geistvoller, erfindungreicher Industrieller des vorigen Jahrhunderts, dessen Name mit Ehren genannt noch heute fortklingt und dem seine Kunst, die Typographie, unendlich viel verdankt, vor allem die Wandlung zum schönen, die sich als Rückschritt und Fortschritt zugleich in seinen Bemühungen offenbarte, als Rückschritt nämlich insofern, als er zurückkehrte zu der von den deutschen Schriftgießern seit lange vergessenen und verlassenen klassischen Schönheit der Incunabeldrucke aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts.

Brettkopf war ein geborener Leipziger und wirkte in dieser Metropole des deutschen Bücherdrucks in des Vaters Druckofficin als Gehülfe und Theilnehmer, obschon ihm anfangs und auch späterhin der blos kaufmännische Geschäftsgang so wenig zusagte, wie der mechanische Geschäftsgang, der am Einerlei des alltäglichen sich abmühen lehrt; daher unterließ er nicht, sich wissenschaftliche Kenntnisse zu erwerben, hörte Collegia, studirte die römischen Klassiker, da er tüchtig latein verstand, und blieb nur leider der herrlichen Sprache von Hellas unkundig, weil ihm die rechte Anleitung zu deren Erlernung abging. Gottsched weihte Breitkopf ein in die Reize der deutschen Muttersprache und führte ihn der scholastischen Philosophie, mindestens dem Philosophiren zu, so daß er sich in Gottsched’s »Deutscher Gesellschaft« durch dialektische Gewandheit auszeichnen konnte und dahin gedieh, dieser letzteren seine Ausbildung im deutschen Styl zuzuschreiben, bis Breitkopf endlich doch einsah und bekannte, die Philosophie sei nichts als ein Gewebe von Hirngespinsten, und es könne wohl ein Mann mit Recht gelehrt und gebildet heißen, wenn er auch nicht an der Ammenbrust der sogenannten Classicität gesogen – ein Bekenntniß, für dessen Sündhaftigkeit freilich noch heute keine Absolution zu finden ist.

Mit ungleich größerer Treue, als er der Philosophie bewiesen, hielt Breitkopf an der Mathematik, und in ihr fand er den reellen Boden, auf dem er begann, nach Albrecht Dürer’s anregendem Beispiel und Muster, die Typen zu verbessern, ihre Formverhältnisse mathematisch zu berechnen und aufzubauen, und dieß wandte wieder mehr seine Liebe und Neigung