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Hülfe, schlug 1622 am 6. Mai die Schlacht bei Wimpfen, in der die 400 unsterblichen Bürger von Pforzheim für Fürst und Vaterland den blutigen Opfertod starben, schlug den Herzog von Braunschweig, eroberte Heidelberg und Mannheim, drang dem Herzog in das Münsterland nach und besiegte ihn gänzlich in einer Schlacht, in welcher die Wage Bellona’s drei schreckliche Tage schwankte, vom 4.–6. August 1623. Das Jahr 1625 sah den unwiderstehlichen Helden und Sieger Tilly gegen den Dänenkönig Christian IV. zu Felde ziehen, der in mehreren berühmten Schlachten ihm unterlag, worauf Tilly das ganze Gebiet der Elbe und Havel überzog und im Bunde mit Wallenstein bis nach Holstein vorrückte. Diesem ihm unlieben Bundesgenossen überließ Tilly die Fortsetzung des dänischen Krieges, drang aber mit ihm gemeinsam dem Dänenkönige 1629 den Frieden von Lübeck ab. Das Jahr 1630 brächte Wallenstein’s Entlassung, er mußte den Feldherrnstab eines kaiserlichen Generalisssimus aus der Hand legen und Tilly gewann noch freiere Hand wie zuvor; unter seinem alleinigen Oberbefehl stand nun das Heer des Kaisers, wie das der Liga. Mit dieser Macht überzog Tilly die Mark Brandenburg und belagerte Magdeburg, dessen gräuelvolle Zerstörung nach der endlichen Eroberung am 10/20. Mai 1631 dem Heldennamen Tilly’s den Makel eines blutdürstigen Wütherichs schuf. Indessen hat die Kriegsgeschichte aller Zeiten gelehrt, daß Barbarei im Kriege nicht den Feldherren als Schuld anzurechnen ist. Der durch Strapatzen und Entbehrungen, durch thierische Leidenschaften, durch hitzige Getränke aufgeregte Soldat ohne Gesittung und Bildung wird leicht und gern zum Wüthrich. Wie hausten im 30jährigen Kriege die als Freunde und Helfer mit ihrem strengste Zucht halten wollenden König gekommenen Schweden in Feindes und in Freundes Land? Wie über alle Maaßen grausam und tyrannisch benahmen sich die Soldaten der sogenannten großen Nation auf ihren Zügen durch Deutschland ? Es steht in keiner Zeit die Volksgesittung so fest, daß nicht unter Umständen die Gräuelscenen des unglücklichen Magdeburg sich wiederholen könnten. Der Schwedenkönig that einen hohen Schwur, Magdeburg zu rächen; er bekam später München in seine Hand, und erfüllte seinen Schwur nicht. Dieß brachte ihm die größte Ehre vor Gott und Menschen. Aber in den Tagen von Magdeburg schrieb die Hand Gottes Tilly das Mene tekel. In 36 Schlachten hatte er gesiegt, die Einnahme Magdeburgs war sein letzter Sieg. Die wichtige Schlacht von Breitenfeld bei Leipzig am 7. Sept. 1631 sah ihn, den bisher nie besiegten, als verwundeten Flüchtling. Wohl sammelte er neue Kräfte, neue Heeresmassen und zog, das Vaterland gegen den herannahenden Schwedenkönig zu decken, an den Lech, wo er ein festes Lager schlug. In dem Kampfe um Donauwerth, 1632, siegte Gustav Adolph, eine Stückkugel zerschmetterte Tilly das linke Bein – er entkam nach Ingolstadt und endete dort in den Armen seines Kriegsherrn ein Leben, das er in asketischer, fast fanatischer Strenge hingebracht, als Feind der Frauen, Feind des Weines, Feind zarter Sitte, rauh und streng, nur ganz ein Mann der Heereszüge und Schlachten. Münchens Feldherrnhalle zeigt sein ernstes Bild, wie er im Leben war, und um Bayern verdiente er die Ehre dieses Denkmals.