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hatte 1623 ein Heer von 20,060 Mann unter seinem Befehle. In der Schlacht bei Stadtloe am 27. Julius desselben Jahres, die sehr unglücklich für den Herzog Christian von Braunschweig und dessen Verbündete ausfiel, wurde Herzog Wilhelm durch 2 Schüsse tödtlich verwundet, unter den gefallenen hervorgezogen und von den kaiserlichen gefangen eingebracht. Von Münster aus, wo er ein viertel Jahr lang verpflegt wurde, mußte ihn der Obrist Illo nach Neustadt in Steier führen, welches gleiche Loos auch des Herzogs Vetter, den Herzog Friedrich zu Sachsen-Altenburg traf.

Des Herzogs festgläubiger Sinn widerstand mancher Verlockung zum Religionswechsel, doch sah er sich nach seinem freiwerden am Kaiserhofe zu Wien ganz besonders ausgezeichnet.

Nach seiner Rückkehr aus der Haft 1622 beging Herzog Wilhelm seine Vermählungsfeier, nahm sich der Wohlfahrt seiner Unterthanen an, hielt sich mehrere Jahre vom Kriegsschauplatz fern, führte mit Zustimmung seiner drei noch lebenden Brüder Herzog Albrecht, Ernst und Bernhard das Direktorium, vollendete den Bau der abgebrannten Schloßkirche zu Weimar, erblickte und begrüßte in König Gustav Adolph freudig den ersehnten Retter der evangelischen Glaubensfreiheit, übertrug die Landesregierung seinem jüngern Bruder Albrecht und eilte zu den schwedischen Fahnen, um mit dem König ein festes Bündniß zu schließen.

Im Dienst Gustav Adolph’s war Herzog Wilhelm s erste Waffenthat die kühne Überrumpelung der Stadt Erfurt mit einem Regiment Courvillischer Reiter, worauf ihn der nachkommende König zum Werbe-General für Thüringen ernannte. Der Herzog befestigte die von ihm genommene Stadt, ließ fleißig anwerben, und zog 1632 an der Spitze von 10,000 Mann Schweden und neugeworbenem Volk gegen Feldmarschall Pappenheim, der aber nicht Stand hielt, worauf sich der Herzog nach dem Ober-Harz wandte, Goslar nahm, Nordheim, Göttingen, und auf dem Eichsfeld Duderstadt. Dann mit Banner und Horn vereinigt, zog der Herzog durch Bayern an den Lech, half Tilly schlagen, Augsburg erobern, München gewinnen, durch dessen Thore er neben dem Schwedenkönig als Sieger einritt. Als der König Bayern verließ, erhielt der Herzog den Oberbefehl über die Armee in Schwaben, und gab neue Proben heldenmüthiger Tapferkeit, eilte von da aus nach Thüringen, betrieb mit wallenstein’schem Glück neue Rüstungen, und führte abermals dem König ein Heer von 24,000 Mann zu. Der Herzog nahm persönlich am erfolglosen Angriff auf die feste Stellung des Feindes bei Nürnberg Theil, und verließ am Fuße verwundet das Schlachtfeld. Seine Wunde verhinderte ihn, von Erfurt aus, wo er sich pflegte, dem König, gleich seinen beiden Brüdern, in die Schlacht bet Lützen zu folgen, treu bis zum Tode. Schmerzlich berührte ihn die Kunde, daß der König gefallen, und er veranstaltete diesem eine glänzende Leichenfeier.

Herzog Wilhelm hatte während der Zeit seiner Betheiligung am 30jährigen Kriege nicht weniger als 38,550 Mann zu Roß und zu Fuß für die evangelische Sache in das Feld geführt, dennoch erschien nach der traurigen Wendung, welche diese Sache nahm, rathsam, dem Prager Frieden 1635 beizutreten. Von da an widmete Wilhelm sich wieder ungestört dem Wohle seines Landes und Volkes, sah ersteres durch Erbschaften gemehrt, wie denn unter ihm Eisenach an Sachsen Weimar kam, bei welchem Hause dieses Fürstenthum fortan beständig blieb, theilte mit seinen Brüdern friedlich ab, suchte auf seiner Hochschule dem Pennalismus zu steuern, und baute von 1651–1653 das im dreißigjährigen Kriege eingeäscherte Residenzschloß herrlich wieder auf, das nun nach ihm den Namen Wilhelmsburg führte. Er baute auch die Ilmbrücke am Kegelthor zu Weimar, legte die schöne Allee nach dem Webicht an, wurde Oberhaupt des Palmen-Ordens oder der fruchtbringenden Gesellschaft, bestimmte das Erbtheil seiner Söhne und starb nach allen christlichen Vorbereitungen als ein treugläubiger Bekenner des Evangeliums im 65. Lebensjahre ruhig und gottergeben. Er nahm den Ruhm eines heldenhaften Glaubenskämpfers, eines menschlichen Siegers und eines redlichen Fürsten mit in die von ihm erbaute neue Gruft.