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Huldrich Zwingli.
Geb. d. 1. Januar 1484, gest. d. 11. Oct. 1530.


Der dritte im reformatorischen Ruhmesbunde! Luther, Calvin und Zwingli, das große Dreigestirn des sechzehnten Jahrhunderts in seiner geistigen kirchenverbessernden Bewegung. Geboren in der Grafschaft Toggenburg zu Wildenhausen, wo sein Vater als Amtmann mit zahlreicher Familie lebte, war Zwingli unter 8 Brüdern der dritte, genoß den zu höhern Studien vorbereitenden Schulunterricht zu Bern und wandte sich dann, um Philosophie und Theologie zu studiren, nach Wien und Basel. Er wurde in Basel Rector zu St. Martin und erwarb 1506 die Magisterwürde; im Jahr 1506 nahm er einen Ruf als Prediger zu Glarus an. Eine Reihe von Jahren verwaltete er dieses Amt mit aller Treue; es gab ihm Muße zur Forschung, welche ihn durch eifriges selbstständiges Studium der Bibel die Gebrechen der Kirche gewahr nehmen ließ. Als in den Jahren 1512 bis 1515 die Schweizerkantone vom Papst gegen Frankreich zum Kriege aufgeboten wurden, zog Zwingli mit der Mannschaft von Glarus als Feldprediger, und empfing dafür zwei Jahre lang vom Papst ein Gratiale von 50 fl. Nach Beendigung des Krieges erhielt er eine Berufung zum Prediger in Maria Einsiedeln, dem berühmten Wallfahrtsort, und gerade an dieser Stelle, wo Reliquienkram, blinder Glaube, Wallfahrtung die höchsten Triumphe feierten, erweckte Gott Zwingli’s Geist, sich diesem Unwesen entgegenzusetzen, Anfangs nicht stürmisch, sondern mit kluger Vorsicht, bis der Ablaßkrämer B. Samson in der Schweiz denselben Unfug zu treiben begann, wie Tetzel 1516 und 1517 in Sachsen. Zwingli’s Ruf stieg und man berief ihn als Prediger am Dom nach Zürich. Dort begann er seine neue Amtsthätigkeit an seinem 35sten Geburtstag, am 1. Januar 1519, mit einer Predigt, voll reformatorischen Geistes, und da dieser ersten viele andere gleichen Inhaltes folgten, so konnte es nicht fehlen, daß er eine Pfaffenpartei aus den eignen Kollegen, den Domherren am Züricher Münster gegen sich in die Schranken rief, die ihn beim hohen Rathe verklagten und 21 ketzerische Sätze, die er gelehrt habe, gegen ihn aufbrachten. Allein diese Klage hatte nur die Folge, daß der Magistrat gebot, das Evangelium solle hinfort in der