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deutschen Poesie und Literatur; den geistreichen Höfen von Weimar und Gotha stand er freundlich nahe; er besuchte wiederholt Schnepfenthal, schätzte den wackern Gründer dieses berühmten Philantropins, Salzmann, und ermunterte den damals dort als Lehrer wirkenden, aufstrebenden Naturforscher J. M. Bechstein durch ehrende Briefe.

Wo er irgend es vermochte, zeigte Dalberg sich fördernd, aufmunternd, anregend, in Wissenschaften und Künsten nicht allein, auch in gewerblichen Thätigkeiten; nichts menschliches war ihm fremd, er selbst war ein großer und guter Mensch, sein Herz war voll Duldung, Liebe und Milde, daher neigte sich ihm auch Kaiser Josephs Herz voll reinen Vertrauens zu, nur war die Zeit und die in ihr waltende Politik noch nicht reif für die Segnungen, welche die edelsten Fürstenherzen so gern für die Menschheit herbeigeführt hätten.

Höhere Pflichten riefen Dalberg von Erfurt ab, er wurde selbst 1787 Coadjutor und dann Kurfürst von Mainz, wie Coadjutor von Worms, später, 1788, auch Coadjutor von Constanz mit der Bestimmung zum Nachfolger des dortigen Erzbischofs – ja er wurde sogar Bischof in partidus – man ernannte ihn in Bamberg zum Erzbischof von Tarsus, einer türkischen Stadt von 30,000 Einwohnern, mit einem griechischen Bischof, ohne noch anderer geistlchen Ehren und Würden zu gedenken, mit denen er, einer der hervorragendsten Prälaten seiner Zeit, ausgezeichnet wurde. Als Fürstbischof von Constanz trat Dalberg 1799 wirklich ein, doch behauptete er nur drei Jahre den Sitz dieses Bisthums, weil er sich als Kurfürst von Mainz und Reichs-Erzkanzler 1802 nach Mainz begeben mußte.

Bei den vielen und mannichfaltigen Geschäften seiner geistlichen hohen Würden und Aemter blieb v. Dalberg dennoch immer den Wissenschaften getreu, und verfaßte eine nicht kleine Anzahl anerkannter Schriften, deren erste: „Betrachtungen über das Universum“, sechs Auflagen erlebte. Die politischen Verhältnisse im ersten Lustrum des jetzigen Jahrhunderts brachten Dalberg um den Kurhut, dagegen wurde er mit freilich magern Entschädigungen durch die Einkünfte der Bisthümer Regensburg und Wetzlar 1806 zum Fürsten Primas des Rheinbundes ernannt, später, 1810, wurde er auch Fürst von Fulda und Graf von Hanau, und von Napoleon mit dem Titel eines Großherzogs von Frankfurt beehrt. Das alles wog den ungleich höheren Rang eines Kurfürsten von Mainz nicht auf, es waren französische Flicklappen auf den zerrissenen Purpurtalar des alten deutschen Reichsglanzes.

Im Jahre 1813 verzichtete der deutschgesinnte große Mann freiwillig und gern auf seinen damaligen Fürstenrang zu Gunsten des Prinzen Eugen Napoleon, verzichtete auf die Gunst der Mächtigen und ging nach Regensburg, als dessen Erzbischof er sein schönes, der Menschheit und dem Wohlthun geweihtes Leben sanft beschloß, aber oft sogar der ihm zugesicherten Mittel standesgemäßen Unterhaltes entbehren mußte. Dort, im Dome zu Regensburg steht Dalberg’s Denkmal von cararischem Marmor, welches sein Neffe Emmerich Joseph, Reichsfreiherr von Dalberg, Herzog und Pair von Frankreich, ihm 1824 errichten ließ, aber unvergänglicher als Marmor ehrt die Geschichte das Andenken des Unvergeßlichen.