Sponsel Grünes Gewölbe Band 2/Der Inhalt des Grünen Gewölbes – Übersicht über den II. Band des Tafelwerkes – Limoges und andere Emails

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Figuren Das Grüne Gewölbe: eine Auswahl von Meisterwerken in vier Bänden. Band 2 (1928) von Jean Louis Sponsel
Limoges und andere Emails
Spiegel
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LIMOGES UND ANDERE EMAILS.

Zu alledem kam noch eine besondere Gruppe von Werken hinzu, die gleichfalls dem Erwerb von Silberarbeiten, soweit sie vorwiegend als Zierstücke entstanden waren, Abbruch zu tun geeignet war. Es sind dies die mit Glasschmelz [76] auf allen Seiten überzogenen kupfernen Gefäße, Kannen, Vasen, Teller und Schüsseln: die sogenannten Limoges-Emails. Die aus dünnem Kupferblech gebildeten Gefäße erhielten auf ihrem Überzug aus dunkelm Glasschmelz Malereien aus pulverisierten farbigen Glasflüssen eingebrannt. Im 16. Jahrhundert erreichte die Stadt Limoges in Frankreich mit diesem Verfahren eine hohe Kunstblüte und einzelne dieser wegen ihrer farbigen Wirkung hochgeschätzten Werke gelangten schon im 16. Jahrhundert nach Deutschland. Wenzel Jamnitzer hat schon solche in der Münchner Schatzkammer 1562 mit kunstvollen Fassungen versehen, doch scheint dies ein Ausnahmefall gewesen zu sein. Der Reiz ihrer Farben bei einfachen guten Formen genügte zu ihrer Wertschätzung. Sie sind teils in leuchtenden Farben, teils in geringerer auf Grau und den Fleischton beschränkter Farbenskala, als sog. Grisaillen, nach Vorbildern anderer Künstler Italiens und Deutschlands ausgeführt, manche auch auf unterlegten Folien in leuchtenden durchsichtigen Farben. In größerer Anzahl scheinen sie aber erst im 17. Jahrhundert nach Deutschland gekommen zu sein. In der Kunstkammer der sächsischen Kurfürsten wird nur ein Stück aufgeführt, das erst 1658 zur Kunstkammer kam. Doch erwähnt Hainhofer, daß er 1629 in der Kunstkammer der 2. Gemahlin von Kf. Johann Georg I. auch Limoges-Arbeiten gesehen habe. Diese kamen sicher erst nach deren 1659 erfolgtem Tod in die kurfürstliche Kunstkammer. Möglich, daß dann auch noch ihr Sohn, Kf. Johann Georg II., der ja zuerst durch Agenten im Ausland Ankäufe von Kunstwerken machen ließ, noch die Sammlung vervollständigt hat, die als Gruppe gut jene Gattung vertritt. Da diese Werke aber nicht selten, in Deutschland auch noch in anderen Sammlungen, so z. B. in Braunschweig und in Berlin, nicht minder gut vertreten sind, viele davon gleichartig und alle hinreichend bekannt sind, so konnte davon abgesehen werden, den Besitz des Grünen Gewölbes durch eine größere Auswahl von Tafeln vorzuführen. Darum sind nur einzelne Stücke für die Abbildung ausgewählt worden.

Aus der ersten Blütezeit dieser Emailmalerei, die bis etwa 1530 datiert wird, in der Nardon Pénicaud und Jean I. Pénicaud die Hauptmeister waren, besitzt das Grüne Gewölbe zwei kleine Platten, die als Ziereinlagen bestimmt waren, mit Darstellungen der Kreuztragung und der Kreuzigung (III, 32 a u. b). Die zweite Periode wird eingeleitet durch ihren bedeutendsten Meister Leonard Limousin, in dessen Art vier Bildnisse in runden Holzrahmen mit [77] Emaileinlagen vorhanden sind. Neben Platten zum Schmuck von Altären sind von ihm für weltlichen Bedarf schon zahlreiche Schüsseln und Schalen, Kannen und Salzfässer hergestellt worden, die bald die Haupterzeugnisse dieser Industrie wurden. Ein Salzfaß mit den Initialen J L (III, 1) wird wohl richtig auf Jean Limousin gedeutet. Eine rechteckige Zierplatte mit der Flucht des Aeneas, (III, 50) schon in Grisaillemalerei, die neben der vielfarbigen Emailmalerei stark in Aufnahme kam, gehört wohl einem jüngeren Meister Jean II. oder III. Pénicaud an. Von dem fruchtbarsten Meister dieser Zeit, Pierre Reymond, der meist auch in Grisaillemanier arbeitete und wohl dazu auch Gehilfen zuzog, haben wir eine breite Schale mit Deckel auf hohem Fuß, wie sie für Limoges typisch sind, mit Darstellungen der Rettung Israels, auf dem Sockel bezeichnet 1556 und P R. (III, 18), ferner eine Henkelkanne, den Sieg der Israeliten über die Amalekiter enthaltend, die wieder P R und 1571 signiert ist (III, 11). Das zugehörige runde Becken mit gleicher Signatur und Jahreszahl zeigt den Auszug der Kinder Israels und Pharaos Untergang (Inv. III, 14). Eine wohl gleichfalls ihm gehörige Deckelschale auf hohem Fuß (III, 17) mit dem Reich des Neptun, der Venus und des Bacchus hat eine silbervergoldete Fassung eines Nürnberger Meisters H. C., der wohl erst um 1675 tätig war. Die späte Fassung des Stückes mag auch erklären, daß es aus nicht zusammengehörigen Teilen besteht.

Ein vielleicht um ein Jahrzehnt jüngerer Meister Pierre Courteys, der in sehr geschmackvoller Weise auf dem schwarzen Malgrund Figuren und groteske Ornamente in grauer Farbe mit der blaßroten Farbe der unbedeckten Körperteile vereinigt und noch leichte Goldverzierung hinzufügt, ist mit einem großen runden Becken vertreten, auf deren hochgetriebenen Mittel Jupiter auf dem Adler thront, während rundum im Feld der Triumphzug der Ceres dargestellt und der Rand mit Rollwerk, Festons und Masken verziert ist (III, 12). Von einem anderen Meister dieses Namens, Martial Courtois, um 1580 tätig, ist eine seiner noch größeren ovalen Schüsseln ein Hauptstück der Sammlung. Darauf vorn das apokalyptische Weib in reicherer Farbenskala dargestellt. Besonders fein und beachtenswert sind die Goldarabesken in der Kehle der Schüssel und die farbigen Groteskedekorationen des Randes und der Rückseite (III, 8).

Darauf folgt dann eine Gruppe von Meistern mit dem Familiennamen Court, ein Jean Court gen. Vigier und ein Jean de Court, die oft nur durch ihre [78] Signaturen voneinander zu unterscheiden sind. Eine Henkelkanne in Eiform, J. D. C. bezeichnet (III, 10) ist wohl sicher dem letzteren zugehörig. Alle anderen Stücke tragen die Signatur J. C. und eine Henkelkanne mit dem Sieg Gideons von schwächerer Arbeit ist nur mit einem C signiert, also von anderer Hand (III, 29), ebenso auch die unsignierte Henkelkanne mit kämpfenden Männern und Meergöttern (III, 13). Ob die Arbeiten mit der Signatur J. C. alle demselben Jean Court zuzuweisen sind, mag unentschieden sein. Diese Stücke sind zum Teil vielfarbig ausgeführt und von den früheren Werken leicht zu unterscheiden. Manche Stücke darunter, durch translucide Farben bereichert, haben eine glänzende Farbenwirkung, so besonders fünf Teller einer Folge von Darstellungen aus dem Marienleben (III, 24–28). Drei Schalen dieser Signatur haben wieder Darstellungen in grau mit Fleischtönen, auch in den Ornamenten, die eine mit Szenen von Adam und Eva (III, 16), die anderen auf niederem Fuß mit der Anbetung des goldenen Kalbes (III, 7), die dritte mit dem schlafenden Adam im Paradies (III, 15). Dagegen hat die Henkelkanne derselben Signatur sattere Farbengebung, darauf unter dem beide Teile des eiförmigen Körpers verbindenden weiß grundiertem Ring ein Triumphzug der Diana, darüber ein Zug von Amoretten (III, 6). Diese ist auf Tafel 38 abgebildet.

Vier andere von all jenen Werken in verschiedener Art abweichende Arbeiten im Grünen Gewölbe gehören erst dem 17. Jahrhundert an. Ein Meister Colin Noaillier ist der Verfertiger vieler Kästchen mit eingelegten Emailplatten in Rahmen von vergoldeter Bronze. Ein Kästchen dieser Art mit den Taten des Herkules (III, 264) kam erst später in das Grüne Gewölbe.

Ein Teller mit einer rundum dargestellten Reiterschlacht zwischen Griechen und Persern vor dunkelblauem Grund, gleichfalls in Fassung aus vergoldeter Bronze, in deren Mitte eine Bronzemedaille mit dem Kopf der Athena eingelassen ist, fällt auf durch ihre Bevorzugung lebhafter Lokalfarben. Ob für die wildbewegten Szenen, die an Darstellungen der Giulio Romano und des Rubens anklingen, eigene Erfindung des Emailmalers anzunehmen ist, mag unentschieden sein. Man könnte auch an eine Vorlage von Charles Lebrun (1619–1690) denken. Auf der koboltblau emaillierten Rückseite hat der Künstler sich genannt: Noel Laudin pres les Jesuistes à Limoges. Er ist wohl identisch mit Nicolaus Laudin (1629–1698). (III, 48). Abbildung auf Tafel 13.

Einem anderen Meister des 17. Jahrhunderts Pierre Chartier von Blois, geb. 1618, wird von dem Kunstschriftsteller Félibien 1679 als Emailleur von [79] Blumen besonderes Lob gespendet. Darum ist es wahrscheinlich, daß wir in der rechteckigen goldenen mit Blumen um ein ovales Mittelfeld emaillierten Platte, deren Rückseite mit einem Spiegel belegt ist, ein Werk seiner Hand besitzen (III, 51). Das aufgelegte Mittelfeld ist mit Maleremail auf weißem Schmelzgrund mit einem Strauß in einer Vase bedeckt. Darin ist also die in Limoges übliche Technik angewendet, doch die Platte selbst ist in anderem Verfahren auf dem Goldgrund in Tiefschnittemail mit den Blumen besetzt, deren Farbenspiel mit dem unbedeckten und durch Strichelung schraffierten Goldgrund sich zu glänzender Wirkung vereinigt. Man wird dabei an mittelalterliche Blumenmalereien der livres d’heures, die auch zuweilen auf Goldgrund gemalt sind, erinnert. Eine Einwirkung von Limoges aus ist hierfür nicht anzunehmen. Email auf Goldgrund ist seit dem 15. Jahrhundert ununterbrochen für kostbare Erzeugnisse beliebt gewesen, so daß also von Werkstatt zu Werkstatt hinreichende technische Erfahrung fortgepflanzt wurde. Die hier angewandte Technik mag sich nicht genau mit dem Tiefschnittemail decken, das im 17. Jahrhundert, so besonders in der Fassung von Bergkristallgefäßen, wieder größere Anwendung fand, sowohl in Italien, wie in Deutschland und Frankreich. So war also der Weg zu diesem Werk vorbereitet. Die Blumenliebhaberei war ja im 17. Jahrhundert von Holland aus in allen Nachbarländern lebhaft erwacht. Die Ölmalerei der Holländer hat zunächst das Feld wieder für die Kunst erschlossen, daran schloß sich die Blumenmalerei mit vielen anderen Mitteln. Sogar eingelegte Arbeiten, wie die herrliche Arbeit des Dirk van Ryswyck in Perlmutter, im Grünen Gewölbe (III, 175 im 4. Band) von 1654 oder die Tischplatte in Pietra dura (II, 250) bieten ein Beispiel dafür, wie auch das Kunsthandwerk daran Geschmack fand, darin seine Fertigkeit zu erproben. An künstlerischem Feingefühl und der Fähigkeit, das lockere und hauchzarte Wesen der Blumen im Bilde wiederzugeben stehen diese drei unter sich so verschiedenen Arbeiten auf gleichhoher Stufe. Noch ein anderes kleineres Werk, eine goldene Kapsel in Buchform, ist auf beiden Seiten ganz in gleicher Technik mit Blumen auf Goldgrund verziert und ist sicher von der gleichen Künstlerhand ausgeführt (VI, 81°).

In Deutschland haben wir aus dem 16. Jahrhundert Zeugnisse dafür, daß die Emailmalerei auf Goldgrund in hoher Blüte stand. In dem von dem Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Albrecht von Brandenburg, in Halle angesammelten Domschatz befanden sich kleine Altärchen mit Emailmalerei auf Goldgrund. [80] Seine dem Dom zu Köln geschenkte Kußtafel bietet noch ein erhaltenes Beispiel dieser Art, das wohl in Nürnberg um 1530 entstanden ist. Dann wurde in Deutschland das Tiefschnittemail besonders gepflegt und gegen Ende des 16. Jahrhunderts sowohl in Silber wie in Gold in ausgezeichneter Weise behandelt. Gleichzeitig war das Email en ronde bosse, der völlige Emailüberzug von goldenen Figürchen, bei den vielgetragenen Anhängern weit und breit in Übung. Größere Flächen mit Email zu überziehen versuchte man zunächst nicht, man wählte das Mittel für bildliche Darstellungen die Zeichnung vertieft in den Grund einzustechen. Ein Beispiel dafür bildet die runde Silberplatte mit der Taufe Christi und der Predigt Johannes des Täufers (Tafel 41), die gleichfalls wohl in Nürnberg entstanden ist. Doch ist das Silber kein guter Rezipient für die auf- oder eingeschmolzenen Glasflüsse, und so sind auch leider an dieser Platte einige Stellen ausgesprungen.

Die eigentliche Emailmalerei oder das Maleremail war neben solchen und anderen Spezialitäten mit dem 17. Jahrhundert hauptsächlich nur als Miniaturmalerei auf weißem Grund in Übung und diente als Schmuck von Uhrendeckeln, Dosen und Medaillons. In dieser Art besitzt das Grüne Gewölbe auch einige Dosendeckel. Im 18. Jahrhundert erwachte hiermit an vielen Orten eine reiche Tätigkeit, die neuen Antrieb erhielt durch die Mode der oft mit reichstem Schmuck auszustattenden Tabatieren. Auch als Einlagen in Schmuckkästchen kamen solche Arbeiten viel in Verwendung, wovon der mit Farbsteinen, Kameen und Emailkugeln zu bunter Wirkung gebrachte Kasten der Tafel 42, 2 ein Beispiel bietet. Der ähnlich überladene, doch an Stelle der Emailmedaillons mit Kristallplatten besetzte Kasten, T. 42, 1, läßt auf den gleichen Hersteller schließen, als den sich durch seine Marke hier der Augsburger Meister Johann Heinrich Mannlich, 1660–1718, ausweist. Dieser vielseitige Meister, der ähnlich wie in Dresden Melchior Dinglinger alle Materialien und Techniken zur Ausstattung seiner Werke heranzog, hat hier auch gegossene kleine Figuren und getriebene Reliefplatten verwendet, eine solche größere getriebene Platte liegt im Boden des Kastens, die Götter im Olymp darstellend. Wohl eine in Augsburg beliebte Ausstattung nach Ausweis der Tischuhr des Jacob Mayr auf Tafel 24 mit einem der Reliefs von Johann Andreas Thelot, Esther vor Ahasver.

Aus Süddeutschland (Biberach) ist auch der Emailleur Georg Friedrich Dinglinger nach Dresden gekommen, der hier neben vielen kleineren Arbeiten zur Ausstattung der Werke seines Bruders, das Maleremail in größerem [81] Maßstabe pflegte, dem er fast stets ovales Format gegeben hat. In den Jahren 1717 und 1718 fertigte er eine Anzahl von Brustbildnissen, darunter die geschichtlich wichtigsten Peters des Großen und seines von ihm 1718 getöteten Sohnes Alexis (III, 36 u. 35). Ferner eine Bärenhöhle (III, 42). Als Arbeiten von seltener Größe sind bemerkenswert ein im Brande nicht völlig geglücktes Göttermahl (III, 23) und eine Mater dolorosa, die größte bekannte Arbeit in dieser Technik (89x67 cm) (V, 152). Ihm schloß sich in Dresden als Emailmaler mit ähnlichen Werken Ismael Mengs an (1690–1764), der Vater des im 18. Jahrhundert weltberühmten Malers Raphael Mengs. Ein Emailgemälde im Rechteck in Bronzerahmen von ihm zeigt Diogenes vor Alexander (13,5x19 cm) (III, 49), zwei andere ovale Ecce homo und Mater dolorosa (III, 37 u. 34). Seine Werke wollen ebenso wie die größeren Arbeiten Dinglingers allein als Gemälde gewürdigt werden, ihre Hauptwertschätzung verdanken sie indessen der umständlichen Technik. In allgemeine Aufnahme sind auch solche Werke nicht gekommen, sie sind immer nur vereinzelte Sammlungsstücke geblieben, und im 19. Jahrhundert sind sie zumeist durch Porzellanmalereien verdrängt worden, deren Geltung aber auch zeitlich beschränkt war. Eine ungleich größere Verbreitung haben dagegen die Miniaturmalereien im Email gefunden, die zur Verzierung oder Ausstattung mit Bildnissen der zu persönlichem Gebrauch bestimmten Werke der Kleinkunst, Medaillons und Dosen, dienten.