St. Etienne du Mont in Paris
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„Beuge Dein Haupt, stolzer Sikambrier!“ sagte der Bischof, als er Klodwig, den König von Frankreich, taufte: – und so sagt die Kirche heute noch Jedem, der sie um einen Dienst von ihrer Hand anspricht. „Beuge dein Haupt!“ sagt sie am Taufstein und am Grabe, am Altar und von der Kanzel, und wehe dem Priester, der einen andern Spruch im Munde führt. Wäre er ein Bossuet oder ein Fenelon im Wissen, im Wandel und in
[157] der Kunst, zu reden, er würde doch dem Untergänge geweiht seyn! – Das hat die letzte Zierde dieses Gotteshauses erfahren – jener Apostel, der das Evangelium der Armen predigte mit einer Salbung und Hoheit, als vor ihm, seit Bossuet die Kanzel in St. Etienne verlassen, Keiner gethan hat: – Abbé Lamennais – als Denker ein Herkules, fest, stark, groß, unerschrocken wie Luther – der gegen die Laster, Verbrechen und Eitelkeiten des Jahrhunderts mit dem zweischneidigen Schwert seiner Redekraft eiferte und es wagte, die heilige Wahrheit der Christuslehre von dem Schutt, mit welchem Irrthum und Lüge sie bedeckt hatten, zu reinigen. Sein Lohn war: – Verketzerung – Ladung nach Rom, – Kerker. Lamennais kam um vier hundert Jahre zu spät, um gleich Savanorola auf dem Scheiterhaufen zu sterben; er kam um hundert Jahre zu früh, den Sieg seiner Lehre zu feiern. Aber der künftige Triumpf bleibt ihr doch vorbehalten, trotz allen Blitzen, die dem Vatikan entfahren. –