Tausend Kerzen

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Titel: Tausend Kerzen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 720
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[720] Tausend Kerzen, oder: wie Ulmann Reclame zu machen versteht! Von Director Ulmann, welcher gegenwärtig als höherer Bärenführer Carlotta Patti, Jaell, Vieuxtemps und andere Virtuosen „herumführt“, erzählt der Claviervirtuose Henri Hertz eine sehr ergötzliche Geschichte. Er reiste vor einiger Zeit unter Ulmann’s Leitung in Amerika, hatte in einer Stadt bereits zwei Concerte gegeben und machte die Bemerkung, daß sein Talent doch nicht mehr so recht ziehen wollte, denn es wurden sehr wenig Billets verkauft. Da zeigte ihm Ulmann triumphirend an, er habe das rechte Mittel gefunden, die Theilnahme des Publicums auf’s Neue zu beleben.

Hertz ging durch die Stadt und sah an allen Straßenecken die Anzeige von seinem nächsten Concert auf ungeheuren Zetteln, welche in kolossalen Lettern die Ueberschrift trugen:
Tausend Kerzen!

Es war nämlich in der Anzeige gesagt, daß der Concertsaal mit tausend Kerzen beleuchtet sein werde. Diese Art, die Leute anzulocken, erschien ihm ebenso lächerlich, als unwirksam, aber er irrte sich; die tausend Kerzen erregten die Neugierde der Amerikaner in solchem Grade, daß im Laufe des Tages alle Plätze verkauft waren. Trotz dieses Resultats wollte Hertz, daß die tausend Kerzen von den Anzeigezetteln verschwinden sollten, allein Ulmann verweigerte dies entschieden, indem er erklärte, Hertz verstände gar nichts von Geschäften.

Freilich mußte sich dieser selbst gestehen, daß Ulmann’s tausend Kerzen mehr Erfolg hatten, als sein russisches Rondo, das er vor einem ganz zerstreuten Publicum spielte. Er war darüber ärgerlich, Ulmann zählte jedoch die Einnahme und war stolz auf seine Idee. Als Hertz sein erstes Stück zu Ende gespielt hatte, erhob sich einer der Zuhörer und rief ihm mit lauter Stimme zu: „Aber, mein Herr, es sind doch nicht tausend!“

Der Virtuos hatte ganz die Kerzen vergessen und fragte: „Tausend? Was denn?“

„Nun, tausend Kerzen! Deswegen bin ich ja nur gekommen!“

„Und wie viel sind en denn?“

„Es fehlen gerade acht Stück.“

Dieser feine Kenner nicht der Musik, sondern der Kerzen, hatte die Geduld besessen, sie alle zu zählen und verlangte nun die acht fehlenden, da er sich nicht betrügen lassen wollte.

„Gut, mein lieber Herr,“ sagte Hertz ganz ernsthaft, „ich schulde Ihnen also acht Kerzen und werde sie zu Ihrer Disposition stellen.“